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Fehlanreize durch Preisbremsen? – Im Extremfall zahlen insbes. Unternehmen nichts für deren verbrauchtes Gas


Zusammenfassung:

Die Preisbremsegesetze schaffen nach aktueller Gestaltung und Auslegung eine Möglichkeit für Unternehmen, insbesondere deren (bis zu) gesamten Gasverbrauch über die Preisbremsemittel zu finanzieren. Dafür müssen die Unternehmen deren Gasverbrauch nur – ggf. durch Substitution des Gases durch Heizöl – nur so weit reduzieren, dass sie den Verbrauch aus dem Jahr 2021 signifikant unterschreiten. Dann werden die Bremsezahlungen auch auf andere Rechnungskomponenten als dem Arbeitspreis verrechnet. Selbst die Energiesteuer auf das Gas kann damit durch Bremsezahlungen – geleistet aus dem 200-Milliarden-Abwehrschirm – beglichen werden. Nur Gutschriften darf es keine geben.

Im Detail:

Um die Auswirkungen der Energiekrise durch den Ukrainekrieg und verfehlte nationale energiepolitische Entscheidungen abzumildern, hat der Gesetzgeber die Preisbremsen im Bereich Strom, Gas und Wärme erlassen. Die Intention dahinter, die Kunden von den stark gestiegenen Energiepreisen zu entlasten und einen Anreiz zur Einsparung von dem knappen Gut Energie zu schaffen, ist im Grundsatz eine gute. Ob damit jedoch bezweckt werden sollte, dass insbesondere industrielle Großverbraucher bei starken Verbrauchsreduktionen bzw. einer Substitution von Erdgas durch klimaschädlicheres Erdöl für deren Energieverbrauch durch die Entlastungen der aus Steuergeldern finanzierten Preisbremsen nichts bezahlen, erscheint mehr als fragwürdig.

Zum rechtlichen Hintergrund:

Der Entlastungsbetrag ermittelt sich nach den Preisbremsegesetzen aus dem Differenzbetrag multipliziert mit dem individuellen Entlastungskontingent. Vereinfacht ist der Differenzbetrag der Unterschied zwischen dem vom Energieversorger in Rechnung gestellten Arbeitspreis und dem in den Preisbremsegesetzen jeweils festgelegten Referenzpreis (staatlich mittels Preisbremsegesetzen gedeckelter Höchstpreis). Das Entlastungskontigent hingegen ermittelt sich auf Basis des individuellen Verbrauchs des Kunden und beträgt grundsätzlich für industrielle Großverbraucher 70 Prozent des Verbrauchs aus dem letzten Vorkrisenjahr 2021.

Solange sich der Verbrauch im Jahr 2023 nun zumindest einigermaßen mit dem des Jahres 2021 deckt, erhält der Verbraucher nun eine entsprechende Entlastungssumme angerechnet. Reduziert der Großkunde seinen Verbrauch im Kalenderjahr 2023 auf unter 70 Prozent des Referenzverbrauchs (Entlastungskontingent), ist der durch die Preisbremse gewährte Entlastungsbetrag entsprechend höher und die Energiekosten reduzieren sich entsprechend, was sinnvoll und vor dem Hintergrund der angestrebten Energieeinsparung auch die Intention des Gesetzgebers ist. Die Kunden sollen durch die Preisbremsen gerade zur Einsparung von Energie angehalten werden.

Sinkt der individuelle Verbrauch des Großkunden – beispielsweise, weil er statt Erdgas billigeres und klimaschädlicheres Heizöl einsetzt – deutlich unter den Wert von 70 Prozent des Referenzverbrauchs und liegt beispielsweise bei 40 Prozent des Referenzverbrauchs aus dem Bezugsjahr 2021, kann bei entsprechend hohen vertraglich vereinbarten Energiepreisen und damit einem hohen Differenzbetrag der Entlastungsbetrag über den tatsächlichen Energiekosten des Großverbrauchers liegen. Zwar sehen die Preisbremsegesetze vor, dass die Energiekosten einen Wert von „null“ Euro nicht unterschreiten dürfen und damit im Ergebnis keine Erstattung (trotz Energiebezug) an den Letztverbraucher erfolgen darf. Im Extremfall ist es jedoch so, dass der Großkunde für die von ihm bezogene Energie nichts bezahlt.

Bewertung:

Durch starke Verbrauchsreduktionen, insbesondere bei der Abnahme von Erdgas, können es insbesondere industrielle Kunden daher schaffen, deren Gasrechnungen bis auf „null“ zu reduzieren. Damit wirken die „Preisbremsen“ nicht mehr nur noch als solche, sondern es werden durch staatliche Gelder (werthaltige) Energieverbräuche von Großabnehmern subventioniert. Hintergrund ist die Berechnung des Entlastungsbetrags bei den Preisbremsen, welcher stur auf einen absoluten Wert des Verbrauchs 2021 abstellt und davon eine Menge („Kontingent“) von 70 % mit einem Zahlbetrag ansetzt. Eine starke Minderabnahme im aktuellen Jahr 2023 kann deshalb dazu führen, dass aufgrund des hohen Zahlbetrags der gesamte Energieverbrauch aus dem Preisbremsetopf bezahlt wird.

Somit wirkt die Preisbremse nicht als „Bremse“ sondern als reine Subvention für Verbrauchseinschränkungen. Preisbestandteile wie Netzentgelte, Steuern, Grundgebühren, etc. und auch der „gesetzlich reduzierte Preis“ würden dann durch den Steuerzahler bezahlt. Dass diese Einschränkungen aktuell von vielen Unternehmen durch eine Substitution von Gas durch Heizöl erzielt wird, ist seit 2022 bekannt, als diese Unternehmen aufgrund der hohen Gaspreise auf das damals wie heute vergleichsweise günstige Öl umgestiegen sind. Auch setzt diese Art der Förderung einen Anreiz, Produktionen zu drosseln und damit die Gestehungskosten zu reduzieren, insbesondere bei Unternehmen mit abgeschriebenen Produktionsanlagen, bzw. geringen CapEx und flexiblen Arbeitnehmerkosten, bspw. wegen pot. Kurzarbeitergeld-Zahlungen.

Die Mandanten der Kanzlei haben sich bisher in derartigen Fällen dazu entschieden, auf Teile der Förderung zu verzichten und nur diejenigen Energiemengen auf den gesetzlichen Referenzpreis zu begrenzen, die konkret verbraucht wurden. „Ein Mehr an Förderung wäre zwar rechtlich möglich, ist aber ethisch unseres Erachtens nicht vertretbar.“, führte ein Mandant ausdrücklich aus.

Ob das im Sinne des Erfinders war, bleibt daher fraglich.

Michael Hill
Partner

Hans Koppenwallner
Senior Associate

Energiebegriffe 3: Wie ist Eigenversorgung im EEG definiert???


Geregelt ist der Begriff der „Eigenversorgung“ durch den §3 Nr. 19 EEG 2017. Was meint nun also die Eigenversorgung? Voraussetzungen für die Erklärung einer „Eigenversorgung“ sind in Folge der Begriffsdefinition aus dem EEG:

Eine Eigenversorgung findet dann statt, wenn der durch eine Stromerzeugungsanlage (z.B. Photovoltaik-Anlage, KWK-Anlage, Dieselaggregat, Notstromerzeuger, etc.) generierte Strom, direkt von ein und derselben (natürlichen oder juristischen) Person verbraucht wird, der die Erzeugungsanlage zuzurechnen ist. Wichtigstes Merkmal ist daher, dass der Verbraucher des Stroms ebenfalls Betreiber der Stromerzeugungsanlage seien muss (sog. „Personenidentität“).

Es muss beachtet werden, dass der Strom nach Erzeugung nicht durch ein (öffentliches) Netz geleitet werden darf der Verbrauch in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang erfolgt.

Die Personenidentität muss zwischen dem Anlagenbetreiber und Letztverbraucher gegeben sein. Bei beiden Begriffen ist es nicht immer notwendig dass hier bspw. Eigentum an der Erzeugungsanlage (oder am Letztverbrauchsgerät) vorliegt.

Wichtig ist hierbei noch zu wissen, dass diese Definition allein im EEG Gültigkeit hat, nicht wie vielleicht angenommen im Rahmen der Förderung des KWKG (dort gilt der Begriff des „nicht ins Netz eingespeisten Stroms“, welcher keine Personenidentität verlangt, § 7 Abs. 1 und 3 KWKG 2017). Wenn sich hingegen eine KWK-Anlage in der Eigenversorgung befindet, muss dieser Begriff der „Eigenversorgung“ (s.o.) bei der Prüfung der Frage, ob eine EEG-Umlage anfällt, herangezogen werden.

Zur wichtigen Frage der Definition „Personenidentität“ werden wir noch einmal genauer im nächsten Artikel berichten.

In einem weiteren Artikel wird sodann genauer erörtert, was genau nicht unter die „Eigenversorgung“ nach §3 Nr. 19 EEG 2017 fällt.

 

Nächster Artikel: „Was meint Personenidentität?“

 

Lucas Hauptmann                      Michael Hill
Studentische Hilfskraft              Partner

Verwirrspiel um EEG-Umlage auf Eigenversorgung aus neueren KWK-Anlagen


Die Nachrichten überschlagen sich die letzten Tage: Am 01.08.2018 meldet unter anderem die Seite Energiewirtschaft.professionell, dass die Europäische Kommission nun für das Jahr 2018 hinsichtlich der voll zu zahlenden EEG-Umlage auf Eigenversorgung von KWK-Anlagen (wir berichteten) „zurückrudert“ und diese nunmehr rückwirkend ab dem 01.01.2018 wieder bei der reduzierten EEG-Umlage einzustufen wären (Die Pressemitteilung der Kommission hier).

Am Tag drauf dementiert dies aber (quasi umgehend) das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Verweis, es handele sich bei der Entscheidung der Kommission um eine Übergangsregelung, die erst noch in deutsches Recht umgesetzt werden müsse. Mithin müssten die betroffenen KWK-Anlagenbetreiber – deren Anlagen ab dem 01.08.2014 bis heute erstmals in die Eigenversorgung überführt wurden – weiterhin die volle EEG-Umlage abführen und können darauf hoffen, dass durch eine neu zu schaffende gesetzliche Regelung dann eine Rückerstattung erfolgt. Zudem läge dem BMWi der Text der Kommissionsentscheidung noch nicht vor (Hier der Verweis auf den Artikel im Energate-Newsletter dazu).

Die Kanzlei ist über die Ansicht des BMWi durchaus verwundert, denn der einschlägige § 61 b Nr. 2 EEG 2017, welcher zu einer Redukton der EEG-Umalge bei den betroffenen KWK-Anlagen geführt hat, ist weiterhin in Kraft, unterliegt aber aufgrund der früheren Entscheidung der EU-Kommission einem Umsetzungsverbot. Wenn die Kommission nunmehr die Regelung zum „Übergang“ auf eine neue, noch zu schaffende Rechtslage ausdrücklich für das Jahr 2018 genehmigt, bleibt es aus unserer Sicht bei der geltenden gesetzlichen Regelung, nur das Umsetzungsverbot ist außer Kraft.

Hier scheint es noch einiges an Aufklärungsbedarf zu geben, bei welchem wir gerne unterstützen!

Hintergrund:

Wie berichtet, wurden die Reduktionen der EEG-Umlage bei KWK-Anlagen, welche zwischen 01.08.2014 und heute erstmals in die Eigenversorgung überführt oder für eine solche errichtet wurden, von der EU-Kommission als unzulässige Beihilfe eingeordnet.

Das BMWi und die Kommission einigten sich sodann auf eine Regelung, wonach im Wesentlichen künftig KWK-Anlagen mit einer Größe über 1 MW und unter 10 MW elektrischer Leistung mit einer an den Vollbenutzungsstunden orientierte EEG-Umlage zu zahlen hätten, alle anderen Anlagen würden unter ähnlichen Voraussetzungen wie in der Vergangenheit eine Reduktion der EEG-Umlage auf 40 % für die Eigenversorgung erhalten.

Dieser Kompromiss wurde Teil eines Gesetzespaket, welches sich 100-Tage-Gesetz nannte, aber eben dieses Ziel verfehlte, 100 Tage nach Regierungsbildung (kurz vor den Sommerferien) in Kraft zu sein. Grund hierfür war ein Streit zwischen den Ministerien bzgl. der künftigen Sonderausschreibungen von Solar- und Windkraftanlagen. Es sei nun geplant, dass das Gesetz mit den notwendigen Änderungen sodann Ende des Jahres doch noch kommen soll…

Michael Hill
Partner