Archiv der Kategorie: Energierecht

Preisbremse-Update: Vorsicht Frist am 31.03.2024, neue FAQ zu Selbsterklärungen und Fristverlängerung


München, 25.03.2024: Die Bundesregierung hat offensichtlich weiteren Änderungen an der bereits abgelaufenen Preisbremse und den zugehörigen Regelungen den Laufpass gegeben. Insbesondere der Bürokratieaufwand ist daher groß und es ist „Druck auf dem Kessel“. Heute dazu ein kurzes Update mit drei wesentlichen Themen:

Für alle Unternehmensverbünde mit mehr als 2 Mio. € Entlastungssumme gibt es eine Frist zum 31.03.2024, die u.E. aktuell „falsch verstanden“ werden kann und dann zu Unmut führt (unten 1.). Sodann hat die Prüfbehörde eine neue FAQ zu den Selbsterklärungen (Version 14.1) am heutigen 25.03. veröffentlicht (unten 2.) und es gibt jetzt konkreteres zu den Fristverlängerungen zur Abgabe der Selbsterklärungen (unten 3.), freilich alles wieder mit vielen neuen „Fragezeichen“.

1. Frist zum 31.03.2024: (Was) Müssen Unternehmen mit mehr als 2 Mio. € Entlastungssumme bis dahin erklären?

Hintergrund

Zunächst steht fest: Nach § 30 Abs. 2 StromPBG und § 22 Abs. 2 EWPBG haben alle Unternehmen, welche (samt Unternehmensverbund) in Summe, d.h. inklusive Soforthilfe Gas- und Wärme aus Dezember 2022 sowie Entlastungen aus beiden Preisbremsen zusammengerechnet und auch solchen Entlastungen, die auf Basis des befristeten Krisenrahmens gewährt wurden (bspw. bayrischer Härtefallfond für Kliniken) mehr als 2 Mio. € erhalten haben, müssen dies bei deren Energieversorgern und der Prüfbehörde unverzüglich nach Kenntnis melden.

Inhalt dieser Meldepflicht gegenüber der Energieversorger ist lediglich die Mitteilung, dass nun – mit Zeitablauf – die konkreten Entlastungen einen Betrag von 2 Mio. € überschritten haben, sobald die Kenntnis hierüber eingetreten ist. Das bedeutet, dass wenn durch Rechnungen, Abrechnungen oder Bewilligungsbescheide klar ist, dass der Unternehmensverbund die Grenze überschritten hat, ist dies zu melden. Die Meldung ist dem Gesetzgeber so wichtig gewesen, dass deren Nichtabgabe oder die nicht rechtzeitige Abgabe sogar mit einer Ordnungswidrigkeit und einem Bußgeld behaftet ist, § 43 Abs. 1 Nr. 6 StromPBG oder § 38 Abs. 1 Nr. 3 EWPBG. Die Prüfbehörde hatte hierzu bereits im Juni 2023 (damals noch als PWC mit „Bundesauftrag“) eine Mailpostfach eingerichtet.

Sinn und Zweck der Regelung ist, dass Energieversorgungsunternehmen und Lieferanten die Möglichkeit haben zu prüfen, ob hier Selbsterklärungen abgegeben wurden, um mehr als 2 Mio. € auf Basis einer höheren Höchstgrenze zu entlasten oder bspw. um die Differenzbetragsanpassungsverordnung (ggf. zu kürzende Differenzbeträge bei Überschreitung der Höchstgrenze) umzusetzen und damit ggf. anstehende Rückforderungen der Höhe nach zu begrenzen und nicht „zu viel“ zu entlasten. Die Gesetzesbegründung begnügt sich nur mit der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts (sieh BT DS 20/4683, Seite 84).

Frist zur Mitteilung – Allgemein und Speziell!

Die Frist zur Mitteilung ist natürlich mit „unverzüglich“ ausreichend beschrieben, also „ohne schuldhaftes Zögern“ (Jura 1. Semester und § 121 Abs. 1 BGB). Kenntnis vom Überschreiten sollte man mit der Abrechnung desjenigen Betrags haben, der dazu führt, dass in Summe mehr als 2 Mio. € entlastet wurde. Das hört sich einfach an, ist aber aktuell aufgrund verschiedener „Entlastungswege“ wie den Strom-, Gas-, Wärmeversorgern, Bund, Land und / oder Vermieter (hierzu mal gesonderte in „Problemfeld Preisbremse“ Teil später) durchaus komplex, insbesondere, wenn es viele Niederlassungen und Filialen zu beobachten gilt. Dann kann die Kenntnis ggf. heute noch nicht vorliegen, wenn bspw. durch Versorger 1,9 Mio. € entlastet sind, aber die Nebenkostenabrechnung 2022 samt Entlastungen nach EWSG der Vermieter noch fehlt…

Die Frist des 31.03.2024 kommt nun über die Regelungen zur Abrechnung der Energiepreisbremsen, welche die Energieversorger im Regelfall (ohne Fristverlängerung, dazu gleich) bis zum 30.06.2024 abgeschlossen haben sollten. Hiernach (§ 12 Abs. 3 StromPBG und § 20 Abs. 2 EWPBG, jeweils Ziffer 3 Buchstabe b) aa) ) hat der Energieversorger sicherzustellen, dass eine Entlastung über 2 Mio. € nicht gewährt werden soll, wenn weder eine Erklärung bis zum 31.03.2024 abgegeben wurde, dass die 2 Mio. € Entlastungsgrenze bereits überschritten ist (siehe oben), noch eine Erklärung, dass die 2 Mio. € Grenze endgültig nicht überschritten wurde.

Die Regelung selbst wird in der Gesetzesbegründung wieder nicht erläutert, soll aber sicherstellen, dass im Laufe der Entlastungszahlungen für das Jahr 2023 gewährte Entlastungszahlungen nicht in hohem Umfang zurückverlangt werden sollen.

Spannend ist, dass diese Regelung in einem „ODER“ Verhältnis zu den weiteren Buchstaben steht (siehe jeweils Buchstabe bb) bbb) am Ende) und die unterschiedlichen Abrechnungen der Höchstgrenzen zur Wahl des Letztverbrauchers stellt, nämlich, entweder (jeweils Ziffer 3 Buchstabe b) ):

aa) Er wählt die Höchstgrenze von 2 Mio. €, dann wird durch den Energieversorger die 2 Mio. € Grenze abgerechnet ODER

bb) Er gibt eine „Finale“ Selbsterklärung ab und wählt die Höchstgrenze von 4 Mio. €, dann wird die dort mitgeteilte Grenze nicht überschritten ODER

cc) Er gibt eine „Finale“ Selbsterklärung ab und wählt eine Höchstgrenze über 4 Mio. €, dann wird das Überschreiten dieser Grenze kontrolliert.

Die Prüfbehörde führt hierzu insbesondere in den neuen FAQ (siehe unten) auf Seite 41, Fußnote 12 aus:

12 Maßgeblich für die Abgabe der finalen Selbsterklärung ist die Frist nach § 30 Absatz 1 Nummer 2 StromPBG bzw. nach § 22 Absatz 1 Nummer 2 EWPBG des 31. Mai 2024; die in § 12 Absatz 3 Nummer 3 lit. b) aa) StromPBG bzw. § 20 Absatz 2 Nummer 3 lit. b) aa) EWPBG genannte Frist des 31. März 2024 gilt nicht für die finale Selbsterklärung. Ein Lieferant darf somit keine Entlastungen zurückfordern aufgrund der Abgabe einer finalen Selbsterklärung nach dem 31. März 2024 und bis zum 31. Mai 2024 oder im Falle einer Fristverlängerung bis zum 2. September 2024, sofern nicht sonstige Gründe für die Rückforderung, die nicht auf dem Zeitpunkt der Abgabe basieren, gegeben sind.“

FAQ Höchstgrenze und Selbsterklärung, Version 14.1 vom 25.03.2024, Seite 41

Was nun?

Einige Berater und auch Energieversorger betonen aktuell, dass nach deren Verständnis die Nichtabgabe einer Mitteilung an den Energieversorger (und an die Prüfbehörde), man habe die Entlastung von 2 Mio. € überschritten, dazu führt, man habe keinen Anspruch mehr auf eine Entlastung über 2 Mio. €.

Wir sehen das nicht so, da der Energieversorger zum 30.06.2024 abrechnet und sodann auch die finalen Selbsterklärungen erhalten haben dürfte und wenn diese nicht eingegangen sind, der Letztverbraucher entweder auf 2 Mio. € begrenzt oder gar (bei Abgabe einer ersten, vorläufigen Selbsterklärung), alle Entlastungen zurückzahlen muss.

Dennoch raten wir, um Auseinandersetzungen hierbei zu vermeiden, eine Meldung an die Energieversorger fristwahrend vor dem 31.03.2024 zu senden, auch wenn noch keine positive Kenntnis über eine Entlastung von mehr als 2 Mio. € vorliegt, dies aber ggf. wahrscheinlich oder gar beabsichtigt sein könnte. Wenn die Entlastung bereits über diesen Betrag bekannt war, war (hoffentlich) auch zumindest auch die Meldung an die Prüfbehörde vorgenommen worden, welche weitere Inhalte hat.

Diese Meldung würde u.E. dann durchaus per Mail an die Energieversorger zu versenden sein und lediglich die Information enthalten, dass nun (wenn das der Fall war) in Summe eine Entlastung von mehr als 2 Mio. € in Summe ausgezahlt wurde.

2. Neue FAQ zu den Höchstgrenzen und Selbsterklärungen

Die Prüfbehörde, bzw. das BMWK hat neue FAQ zu den Höchstgrenzen und Selbsterklärungen veröffentlicht (Stand 25.03., Version 14.1). Diese sind nochmals um das Thema Fristenverlängerung, siehe unten, sowie um Ausführungen zur Berechnung der krisenbedingten Energiemehrkosten ergänzt. Dabei wird genau beschrieben, welcher Preis zur Ermittlung der Kosten heranzuziehen ist (Seite 21). Zudem kommt die Prüfbehörde jetzt (!) zum Ergebnis, wie man die Selbsterklärung 1 hätte richtig ausfüllen müssen (Seite 28), um nicht – nach deren Ansicht – anteilig Ansprüche zu verlieren.

Schon spannend, dass im Laufe der Entwicklung der FAQ Rechtsfragen und Auslegungsfragen zum Gesetz, die sich im Frühjahr 2023 stellten im Frühjahr 2024 „klären“, leider meist zum Nachteil der Entlastungsempfänger. Der Hinweis auf die Unverbindlichkeit der FAQ ist daher durchaus an einigen Punkten angebracht.

3. Fristverlängerungen zur Abgabe der Selbsterklärungen und damit auch Endabrechnung der Versorger

Die Preisbremsegesetze schreiben vor, dass die „finalen“ Selbsterklärungen nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 StromPBG und § 22 Abs. 1 Nr. 2 EWPBG „unverzüglich nach dem 31. Dezember 2023 spätestens bis zum 31. Mai 2024“ bei den Energieversorgern abzugeben sind.

In den bereits o.g. Regelungen zur Endabrechnung ist beschrieben, dass bei einer Nicht- oder nicht fristgerechten Abgabe einer finalen Selbsterklärung zum 31.05.2024 und einer vorherigen Abgabe einer vorläufigen Selbsterklärung ALLE Entlastungen zurückzugewähren sind.

Diese gesetzliche Frist führt aktuell zu vielen Umsetzungsproblemen, so sind teilweise Jahresabschlüsse für Entlastungshöchstgrenzen über 4 Mio. € (Nachweis der „besonderen Betroffenheit“) nicht fertig oder auch rollierende (nicht Jahresscharfe) Abrechner im SLP Segment teilweise noch nicht abgerechnet. Dazu kommen fehlende Angaben der Vermieter und auch teilweise noch nicht abgerechnete Soforthilfen (bspw. durch Vermieter). Zum Vermieterthemenkomplex kommt mehr bald hier.

Die Prüfbehörde hat daher nun im Namen des BMWK die Übertragungsnetzbetreiber über die Möglichkeit der Fristverlängerung informiert und auch in deren neuen FAQ diese Option genauer beschrieben. Im Rahmen der Verwaltungsbindung wird die Prüfbehörde für Selbsterklärungen an diese Optionen in der Rolle des „Beauftragten“ bei Entlastung nach § 7 EWPBG gebunden sein.

Regelungen im Detail

Zusammengefasst (ab Seite 62 der FAQ) können aktuell Anträge über das Portal der Prüfbehörde auf Fristverlängerung gestellt werden, wenn besondere Gründe dargelegt werden, warum die finalen Selbsterklärungen noch nicht abgegeben werden können. Die Fristverlängerung beträgt sodann standardisiert 3 Monate (bis zum 2. September, da der 31.08.2024 ein Samstag ist).

Vorsicht aber: Wenn eine Fristverlängerung gewährt wurde, ist es Aufgabe des Letztverbrauchers, den „Bescheid“ der Prüfbehörde selbständig an deren Energieversorger weiterzuleiten, welche die Selbsterklärungen erhalten sollen. Die Prüfbehörde leitet hier keine eigenen Maßnahmen ein.

Wenn die Frist für die Selbsterklärung verlängert wurde, wird auch die Frist zur Endabrechnung der Preisbremse bei diesen Letztverbrauchern um 3 Monate nach hinten geschoben. Damit wird auch der Vorbehalt der Rückforderung erst später aufgelöst.

Die Fristverlängerungsoption kommt gelegen, so haben die Wirtschaftsprüfer immer noch keinen IDW Hinweis für die Testierung der Selbsterklärungen, die ansonsten in zwei Monaten an die Versorger müssten. Ob aber gesetzliche Fristen „einfach so“ durch eine Behörde verlängert werden können, stellt sich als Herausforderung dar. Das hat auch die Prüfbehörde erkannt, die hier zu Gunsten der Letztverbraucher handeln will und führt aus, dass dies dem Gedanken der „Wiedereinsetzung“ Rechnung trägt.

Problematisch finden wir aktuell noch, dass auch Letztverbraucher, die eine Höchstgrenze bis 4 Mio. € wählen (müssen) auch die Anmeldung am Portal der Prüfbehörde durchführen müssten, um an die Vorlagen für die Fristverlängerung zu erhalten. Dabei muss im Rahmen der Anmeldung aktuell noch das gesamte Unternehmen und der Verbund angelegt werden (samt Strukturnachweisen, etc.). Diese Anmeldung muss bislang nur bei Unternehmen mit Höchstgrenzen von mehr als 4 Mio. € und einer formellen Einzelnotifizierung stattfinden. Hierzu gibt es aber bereits Austausch mit der Behörde und ein Musterschreiben, das der Kanzlei vorliegt, in welchem die Muster für die Fristverlängerungsanträge beigefügt sind.

Michael Hill
Geschäftsführender Partner

Smart Meter – quo vadis?


München, den 02.01.2024

Die aktuelle Lage

Smart Meter – in deutscher Gesetzessprache „intelligente Messsysteme“ – sind eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende! Mit Smart Metern kann elektrische Energie effizenter und kostengünstiger genutzt werden, Stromnetze können flexibler gemanaged und damit auch entlastet werden.

Tatsächlich gehört Deutschland aber beim Smart Meter Rollout immer noch zu den absoluten Schlusslichtern in Europa!
s. European Commission, Joint Research Centre, De Paola, A., Andreadou, N., Kotsakis, E., Clean Energy Technology Observatory, Smart grids in the European union – Status report on technology development, trends, value chains and markets – 2023, Publications Office of the European Union, 2023, https://data.europa.eu/doi/10.2760/237911

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende vom 12. Mai 2023 nun allerdings gegengesteuert. Dadurch soll der Rollout intelligenter Messsysteme vereinfacht und beschleunigt werden. Der gesetzliche Fahrplan sieht vor, dass die Messtellenbetreiber verpflichtet sind, Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von über 6000 kWh oder einer Photovoltaik-Anlage mit mehr als sieben Kilowatt installierter Leistung ab 2025 mit Smart Metern auszustatten. Der Rollout für diese Abnehmer soll dann bis 2030 abgeschlossen sein.

Ab 2025 sollten somit Millionen von Anschlusssstellen in Deutschland mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden. Dazu müssen nicht nur geeignete Geräte in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, sondern die Messstellenbetreiber müssen auch das dazu erforderliche Personal mit entsprechenden Kompetenzen sowie u. U. neue technische und organisatorische Prozesse (z. B. für die Administration von intelligenten Messystemen) aufbauen. Im ein oder anderen Fall kann dazu ein professionelles Change Management erforderlich werden.

Nicht alles ganz so einfach…

Wenn der für 2025 gesetzlich vorgeschriebene Beginn des Rollouts von Smart Metern in Deutschland möglichst reibungslos klappen soll, ist 2024 das Jahr, in dem die organisatorischen Vorbereitungen verstärkt anlaufen müssen. Dabei gibt es ein paar interessante Themen:

Warum fehlt es beim Smart Meter Rollout in Deutschland bislang eigentlich an Dynamik? Dazu lohnt es sich als Erstes einmal einen Blick auf die Legaldefinition für ein intelligentes Messsystem gem. § 2 Ziff. 7 des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) zu werfen:

„intelligentes Messsystem: eine über ein Smart-Meter-Gateway in ein Kommunikationsnetz eingebundene moderne Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, das den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegelt und über den Smart-Meter-Gateway-Administrator im Zusammenwirken mit den informationstechnischen Systemen weiterer Berechtigter aus § 49 Absatz 2 den besonderen Anforderungen nach den §§ 21 und 22 in Verbindung mit § 31 Absatz 1 genügt, die zur Gewährleistung des Datenschutzes, der Datensicherheit und Interoperabilität in Schutzprofilen und Technischen Richtlinien festgelegt werden können, …“

Wie man allein schon anhand dieser Definition sehen kann, ist Smart Metering ein sehr komplexes Thema, insbesondere auf Grund hoher Anforderungen an Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität. Smart Meter erfassen und verarbeiten schließlich personenbezogene Informationen über die Verbraucher an den Abnahmestellen. Anhand dieser Informationen können Stromlieferanten feststellen, wer wann wie viel Strom verbraucht und die daraus ableitbaren Rückschlüsse (z. B. wer wann zuhause ist, wann zu Bett geht, wer wann kocht oder nicht kocht, wer wann Fernsehen schaut, usw.) ziehen. Darüber hinaus haben Smart Meter auch Funktionalitäten zur Übertragung von Steuerbefehlen, um Stromnetze effektiv steuern zu können (z. B. Lastmanegement in Verteilnetzen zu ermöglichen), neben der Verarbeitung personenbezogener Daten ein weiterer Aspekt, der hohe Anforderungen an die Datensicherheit stellt.

Es ist unbestritten sehr wichtig, ein hohes Mass an Datensicherheit und Datenschutz beim Rollout von Smartmetern zu gewährleisten. Ein dafür geeignetes Instrument ist die IT-Sicherheitszertifizierung von Smart-Meter-Gateways (also der besonders sicherheitsrelevanten Kommunikationskomponente des intelligenten Messsystems), wie es § 24 MsbG Abs. 1 S. 1 vorsieht:

„Zum Nachweis der Erfüllung der sicherheitstechnischen Anforderungen nach § 22 Absatz 1 und 2 müssen Smart-Meter-Gateways im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens nach den Common Criteria durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert werden.“

immerhin stehen bis heute schon fünf vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Smart Meter zur Verfügung, die somit sofort (auch schon vor 2025) eingebaut werden können:
https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Unternehmen-und-Organisationen/Standards-und-Zertifizierung/Smart-metering/Smart-Meter-Gateway/Zertifikate24Msbg/produkte.html

Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Zertifizierung von Smart-Meter-Gateways nach dem Sicherheitsregelwerk der Common Criteria ist der Aufwand für die Prüftiefe und die Zertifizierung insgesamt sowie die Komplexität der implementierten Sicheheitsfunktionalität des zertifizierten Gerätes vom angewandten sog. Evaluation Assurance Level (EAL) abhängig. Je höher der zu Grunde gelegte EAL, desto höher der Aufwand für die Konstruktion des Gerätes als auch den Zertifizierungsprozess selbst.

Während das BSI für die Zertifizierung von Smart-Meter-Gateways einen recht hohen EAL4 verlangt, müssen z.B. die Netz-Konnektoren für die Telematik-Infrastruktur des deutschen Gesundheitswesens „nur“ nach EAL3 zertifiziert werden. Objektiv erklärbar ist dieser Wertungswiderspruch wohl nicht. Wie die öffentliche Stromversorgung, ist auch das öffentliche Gesundheitswesen eine wichtige kritische Infrastruktur mit hohen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen. Nur dass die im öffentlichen Gesundheitswesen verarbeiteten Patientendaten offenkundig noch um einiges sensibler sind, als die mit intelligenten Messsystemen erfassten Daten der Stromkunden.

Eine Reduzierung auf einen niedrigeren, aber immer noch angemessenen EAL bei der Zertifierung von Smart-Meter-Gateways könnte eine signifikante Erleichterung des Aufwands für die Konstruktion und Produktion von Smart Meter und deren Rollout bedeuten! Es lohnt sich, über dieses Thema nochmal (neu) nachzudenken…

Smart Meter wollen auch administriert werden

Allein ein zertifiziertes Smart Meter einzubauen, reicht nicht, um ein angemessenes Niveau an Datensicherheit und Datenschutz zu gewährleisten. Die Smart Meter und die mit ihnen verbundenen informationstechnischen Komponenten müssen auch professionell administriert werden. Deshalb verlangt das MsbG nicht nur, dass alle Smart-Meter-Gateways zertifiziert sein müssen. Gem. § 25 MsbG muss zusätzlich ein technisch versierter Administrator für einen sicheren Betrieb der Smart-Meter-Gateways sorgen und dazu eine ganze Reihe von sicherheitstechnischen Vorkehrungen treffen. U.A. muss er ein Informationssicherheitsmanagementsystem (sog. ISMS) einrichten, betreiben und dokumentieren. Ein tatsächlich nicht unerheblicher Aufwand.

Die Erfüllung der Sicherheitsvorgaben gem. § 25 MsbG inkl. des eingerichteten ISMS muss der jeweilige Messstellenbetreiber durch ein Zertifikat des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik oder durch die erfolgreiche Zertifizierung durch eine Zertifizierungsstelle, die gemäß ISO/IEC 27006 bei einer nach dem Akkreditierungsstellengesetz zuständigen Stelle akkreditiert ist, nachweisen.

Dazu kommt, dass die Administration von Smart-Meter-Gateways in Größenordnungen von mehreren tausend Geräten und darüber hinaus nicht mehr „händisch“ möglich ist und faktisch den Einsatz spezialisierter Software Tools voraussetz. Auch deren Beschaffung muss rechtzeitig VOR 2025 beginnen und deren Bereitstellung und Konfiguration wird selbst einiges an Auffwand in Anspruch nehmen.

Unser Rat: die für den gesetzlich vorgeschriebenen Smart Meter Rollout zuständigen Messstellenbetreiber sollten die Aufgabe mit genügend Vorlauf angehen und spätestens jetzt, wenn nicht schon angelaufen, mit der Rolloutplanung beginnen.

Last but not least: Was folgt aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)?

Die Verarbeitung der von Smart Metern erfassten und übertragenen Daten der Stromkunden fällt in vollem Umfang unter den Anwendungsbereich der DSGVO. Mit allen Rechten und Pflichten, wie z. B. Rechenschaftspflicht des Verantwortlichen, Zweckbindung, Datenminimierung, Betroffenenrechte (Auskunfterteilung,…),Meldepflichten, Aufsicht durch Datenschutzbehörden, usw.

Das MsbG enthält ja auch einige datenschutzrechtliche Regelungen. Diese gelten auch weiterhin, soweit in der DSGVO nichts anderes geregelt ist. Immer dann hat die DSGVO als unmittelbar geltendes EU-Recht aber sog. Anwendungsvorrang.

Bislang ist auch nicht ersichtlich, dass jemand daran gedacht hätte, ob eine Datenschutzfolgeabschätzung gem. Art. 35 DSGVO für den Massenrollout von Smart Metern erforderlich ist und wenn ja, wer dann dafür zuständig wäre (wohl die Mestellenbetreiber). Dafür spricht in der Tat Einiges. Die Frage sei hier lediglich gedanklich angerissen. Eine Entscheidung kann im Rahmen der Möglichkeiten des Mediums (Blog) hier nicht getroffen werden. Das Thema sollte nur nicht vollends in Vergessenheit geraten.

Wichtig, weil in der Praxis relevant: die Administration von Smart Metern durch einen Dritten im Auftrag eines Messstellenbetreibers ist i. d. Regel eine Auftragsverarbeitung i. S. von Art. 28 DSGVO und bedarf immer eines explizit abgeschlossenen Auftragsverarbeitungsvertrages!

Fragen?

Haben Sie Fragen und/oder Anregungen? Dann können Sie sich gern jederzeit an den Unterzeichner wenden.

Gerold Hübner
Rechtsanwalt

Auslaufen energie- und stromsteuerlicher Vergünstigungen zum 31.12.2023


München, 19.12.2023

Am 15.12.2023 hat das Bundesfinanzministerium im Bundesgesetzblatt das Auslaufen verschiedener energie- und stromsteuerlicher Begünstigungen zum Ende des Jahres 2023 bekannt gegeben. Ergänzend sind auf den Seiten des BMF sowie der Zollverwaltung erläuternde Beiträge zu finden.

Keine Überraschung ist die Information, dass der sog. Spitzenausgleich (§ 10 StromStG, § 55 EnergieStG) zum 31.12.2023 ausläuft. Der Wegfall soll nach den Plänen der Bundesregierung über die Anhebung der Stromsteuerentlastung im § 9b StromStG zumindest für die Jahre 2024 und 2025 in Teilen kompensiert werden. Für die endgültige Umsetzung ist nach der Verabschiedung des Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 durch den Bundesrat am vergangenen Freitag (15.12.2023) nur noch die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt notwendig.

Für die Betreiber von hocheffizienten KWK-Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung bis 2 MW entfällt ab 2024 die Möglichkeit, die eingesetzten Energieerzeugnisse (überwiegend Erdgas) vollständig von der Energiesteuer zu entlasten. § 53a Abs. 6 EnergieStG wird für Verbräuche ab dem 1.1.2024 nicht mehr angewendet. Bestehen bleibt hier aber die Entlastungsmöglichkeit nach § 53a Abs. 1 bzw. 5 EnergieStG, wonach die Energiesteuerbelastung für die eingesetzten Energieerzeugnisse auf den euopäischen Mindeststeuersatz reduziert werden. Für Erdgas bedeutet dies eine Reduzierung der Steuer von 5,50 EUR/MWh auf 4,42 EUR/MWh beim Einsatz in motorbetriebenen KWK-Anlagen.

Ab dem Jahr 2024 ändert sich zudem die Definition für Strom aus erneuerbaren Energieträgern im Stromsteuergesetz (§ 2 Nr. 7 StromStG). Die Erzeugung auf Basis von Deponie- und Klärgas sowie aus Biomasse wird aufgrund des Auslaufens der beihilferechtlichen Genehmigung zukünftig nicht mehr begünstigt sein. Für Anlagen mit einer elektrische Nennleistung über 2 MW entfällt damit die Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG. Anlagen mit einer elektrische Nennleistung bis 2 MW und dem Erfüllen des Hocheffizienzkriteriums können auch zukünftig die Stromsteuerbefreiung über § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG in Anspruch nehmen. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die allgemeine Erlaubnis nach § 10 StromStV für KWK-Anlagen nur bis zu einer Nennleistung von 50 kW gilt (bei Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger gilt die allgemeine Erlaubnis bis 1 MW elektrischer Nennleistung). Betroffene Anlagenbetreiber haben daher die Möglichkeit, die notwendige Erlaubnis bis zum 31.03.2024 zu beantragen, die dann rückwirkend ab den 1.1.2024 gilt.

Kathrin Neumeyer
Partner
Steuerberaterin