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Leitfaden „Messen und Schätzen“ klärt nebenbei einige Fragen zur EEG-Umlage bei Elektromobilität


München, 11.10.2020: Der am Donnerstag, den 08.10.2020 veröffentlichte neue, finale Leitfaden „Messen und Schätzen“ hat (neben anderen Klarstellungen, wir berichteten hier) in einigen Punkten hinsichtlich des Ladens von E-Fahrzeugen bei gleichzeitiger Eigenversorgung an Unternehmensstandorten gebracht. Hier die Highlights:

Letztverbraucher bei E-Fahrzeugen ist der Halter

Die Bundesnetzagentur (im Folgenden auch BNetzA) stellt klar, dass – anders als im EnWG – nicht die Ladesäule der Letztverbraucher des Stroms ist, der beim Ladevorgang verbraucht wird. Bereits im Konsultationsentwurf der BNetzA zum „Hinweis Messen und Schätzen“ aus Juli 2019 wurde betont, dass das Fahrzeug als „geschlossene Verbrauchsgerät mit Akku“ angesehen wird und der für das EEG relevante Letztverbrauch beim Beladen mit Strom stattfindet. Weitere Stromverbräuche oder die Ausspeisung von Strom im Auto zum Betrieb des Elektromotors sind dabei nicht relevant. Ausschließlich die Rückspeisung des Stroms aus der Batterie in das Versorgungsnetz oder die Kundenanlage stellt hier eine Ausnahme dar (sog. „bidirektionales Laden“).

Neu ist aber, dass in Auslegung des Begriffs des „Anlagenbetreibers des Letztverbrauchsgeräts“ die BNetzA nun ausdrücklich erklärt, dieser sei regelmäßig der Halter des Fahrzeugs, unabhängig von der konkreten Nutzung des Fahrzeuges (Seite 20 des Leitfadens). Eine Abgrenzung des Stromverbrauchs in „Dienstlich“ und „Privat“ bei der Stromverwendung z.B. über im Ergebnis untaugliche Fahrtenbuch- oder Pauschalenregelungen ist daher nicht mehr notwendig (anders bei der einkommensteuerrechtlichen Behandlung).

Damit ist klar, dass selbst bei E-Dienstfahrzeugen mit erlaubter privaten Nutzung, ein Eigenversorgungstatbestand vorliegen kann, sollte der Dienstherr zeitgleich Anlagenbetreiber einer Stromerzeugungsanlage zur Versorgung der Ladesäule sein an welcher das E-Fahrzeug lädt. Solche Eigenversorgungstatbestände können damit zu einer Reduktion der EEG-Umlage führen.

Auch im Rahmen der sog. „besonderen Ausgleichsregelung“ scheint es daher – zumindest aus Sicht der Bundesnetzagentur – zulässig, den Stromverbrauch von E-Dienstfahrzeugen in der EEG-Umlagenreduktion zu berücksichtigen. Ob die BAFA dieselbe Auffassung vertritt bleibt abzuwarten, diese verweist aber in ihrem letzten Hinweis zur Strommengenabgrenzung vollumfassend auf den neuen Leitfaden Messen und Schätzen der Bundesnetzagentur (siehe hier).

Vorsicht aber: Im Rahmen des Stromsteuergesetzes (vor allem §§ 9b und 10 StromStG) ist der Strom, der für Elektromobilität genutzt wird, weiterhin kein Stromverbrauch des produzierenden Unternehmens und damit in der Entlastung abzugrenzen (siehe § 9b Abs. 1 Satz 4 und § 10 Abs. 1 Satz 6 StromStG).

Rekuperation führt zu keiner relevanten Stromerzeugung im Sinne des EEG

Die „Rekuperation“ ist die Wiedergewinnung von Strom auf Basis von Bewegungsenergie, wenn bspw. beim E-Fahrzeug das „Gaspedal“ nicht mehr gedrückt wird. Der Leitfaden definiert dies so:

Eine Rekuperation im Sinne dieses Leitfadens liegt vor, wenn in einer technischen Einrichtung Strom auf der Basis von Bewegungs- oder Lageenergie erzeugt wird, die zuvor in derselben Einrichtung durch den Verbrauch von Strom gewonnen wurde. Bei der Rekuperation wird z.B. ein Elektromotor auf einen Generatorbetrieb umgeschaltet, um ihn wie eine Bremse einsetzen zu können.

(Leitfaden Messen und Schätzen, Seite 21)

Wenn eine Rekuperation mit Erfüllung folgender Kriterien erfolgt (was bei den meisten E-Fahrzeugen der Fall ist), dann bleibt das gesamte Fahrzeug eine „gewöhnliche Verbrauchseinrichtung“:

  • Die Stromerzeugung erfolgt ausschließlich auf der Basis von Bewegungs- oder Lageenergie, die zuvor in derselben Einrichtung durch den Verbrauch von Strom gewonnen wurde.
  • In der Einrichtung findet saldiert betrachtet insgesamt ein Nettostromverbrauch statt.
  • Die in der Einrichtung erzeugten Strommengen sind in nahezu allen Viertelstunden geringer als die in derselben Einrichtung verbrauchten Strommengen, so dass auch in der Viertelstunde saldiert betrachtet nahezu ausschließlich ein Nettostromverbrauch stattfindet.
  • Der vorrangige Zweck der Einrichtung ist nicht die Stromerzeugung, sondern der Zweck, dem der Stromverbrauch dient.
  • Zeitpunkt und Höhe der Stromerzeugung werden nicht durch Signale des Strommarkts oder der Netzentgeltsystematik geprägt, sondern sind durch den Zweck, dem der Stromverbrauch dient, vorgegeben.
  • Die Stromerzeugung ist für die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung von nachrangiger Bedeutung.

Nach diesen Kriterien der BNetzA ist damit bspw. die Rekuperation in Prüfständen für Verbrennungsmotoren eine relevante Stromerzeugung, nicht hingegen bei Prüfständen für E-Motoren (siehe Seite 22 des Leitfadens).

Weiterhin beibehalten: Nicht nur gelegentliche Beladung von E-Fahrzeugen Dritter ist Drittverbrauch

Wenn Unternehmen deren E-Ladesäulen auch für externe Besucher generell zur Verfügung stellt oder gar Ladepunkte ausschließlich für Besucher auf dem Besucherparkplatz errichtet haben, handelt es sich weiterhin um relevante Drittverbrauchsmengen, welche mit geeichten Messgeräten abgegrenzt werden müssen (siehe Seite 52 des Leitfadens).

Anders hingegen nur für Mitarbeiter zugängliche Ladepunkte an welchen ausschließlich Mitarbeiter und lediglich äußerst selten Unternehmensfremde Strom laden: Dieser Stromverbrauch kann einen Eigenverbrauch darstellen (siehe Seite 50 des Leitfadens).

Bewertung

Ein Schritt mehr in Richtung Rechtssicherheit bei E-Fahrzeugen. Noch ein wenig mehr Mut auch des Gesetzgebers zur einfacheren Abwicklung der EEG-Umlage bei der Belieferung von Strom an E-Fahrzeuge wäre nun noch wünchenswert (Stichwort: Ladepunkt ist der Letztverbraucher auch im EEG).

Michael Hill
Rechtsanwalt | Partner

Gastbeitrag: Ausnahmeregelung für „Unternehmen in Schwierigkeiten“


Die Kollegen von MPW Legal & Tax in Northeim, Kooperationskanzlei unserer Sozietät, weist mit folgendem Artikel auf geänderte Anforderungen an „Unternehmen in Schwierigkeiten“ im Sinne des EU-Beihilfenrechts, aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie, hin:

Die EU-Kommission hat Anfang Juli beschlossen, eine Sonderregelung aufgrund der Covid-19 Pandemie hinsichtlich der Folgewirkungen für „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zu erlassen.

Unternehmen, die zwischen dem 1.1.2020 und dem 30.06.2021 in Schwierigkeiten geraten und damit die Definition der „Unternehmen in Schwierigkeiten“ erfüllen, haben demnach dennoch Anspruch auf staatliche Beihilfen, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Für die Strom- und Energiesteuer bedeutet dies, dass auch Unternehmen, die aktuell aufgrund der Covid-19 Pandemie in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, weiterhin Entlastungen im Strom- und Energiesteuerrecht (z.B. §§ 9b und 10 StromStG, §§ 53a, 54 und 55 EnergieStG) sowie die Stromsteuerbefreiungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG in Anspruch nehmen können. Für die Antragstellung auf Entlastung ist es wichtig, dass die Anträge (insb. für 2020) bis zum 30.06.2021 gestellt werden sollten, damit die Ausnahmeregelung in Anspruch genommen werden kann. Die Selbsterklärung zu staatlichen Beihilfen (Formular 1139) muss auch weiterhin ausgefüllt werden.

Kathrin Neumeyer, Steuerberaterin und Diplomkauffrau (FH), MPW Legal & Tax

Die Regelung zu „Unternehmen in Schwierigkeiten“ (Ausführungen dazu u.a. hier beim Zoll) ist – neben den Vorgaben zur Transparenz- und Meldepflicht nach der EnSTransV – ein Einfluss aus dem europäischen Beihilferecht. Die Regelung untersagt grundsätzlich, dass derartig betroffene Unternehmen Steuervergünstigungen erhalten. Dabei ist zu beachten, dass man nicht erst „Unternehmen in Schwierigkeiten“ ist, wenn das Unternehmen einen Insolvenzgrund erfüllt. Vielmehr reicht auch ein hoher Verschuldungsgrad aus, um in diese Kategorie zu fallen. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nach der europäischen Definition gelten zudem Sonderbestimmungen mit weniger strengen Vorgaben.

Die Information des Zoll zur Sonderregelung der EU-Kommission finden Sie hier.

Bei Fragen hierzu stehen wir – auch in Kooperation mit MPW Legal & Tax – gerne zur Verfügung.

Michael Hill
Rechtsanwalt | Partner

Die Zeit drängt: Stromsteuerbefreiung und Versorgeranzeige!


Wie bereits berichtet, haben Anlagenbetreiber mit Stromerzeugungsanlagen kleiner 2 MW elektrischer Leistung seit dem 01.07.2019 nicht mehr automatisch den Anspruch darauf, den Strom aus den Anlagen stromsteuerfrei für sich selbst oder für andere im räumlichen Zusammenhang zur Anlage befindlichen Verbraucher zu nutzen.

So muss zur Steuerbefreiung für diese Sachverhalte (Befreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG) bei Erneuerbare-Energien-Anlagen größer 1 MW elektrischer Leistung und bei hocheffizienten KWK-Anlagen mit mehr als 50 kW elektrischer Leistung eine gesonderte Erlaubnis zur steuerfreien Entnahme beantragt werden.

Dies gilt auch für Bestandsanlagen!! Das heißt Anlagen, die auch bereits seit langem in der Eigennutzung sind oder für die Versorgung z.B. eines Areals (fachlich: Kundenanlage) genutzt werden, müssen einen Antrag stellen, wenn sie die genannten Größenvorgaben „reißen“.

Anträge für Bestandsanlagen müssen dabei unbedingt vor dem 31.12.2019 gestellt werden, damit diese rückwirkend ab dem 01.07.2019 gelten können und die Anlage auch steuerbefreit bleibt. Sollten dahingegen für erlaubnispflichtige Anlagen keine Anträge gestellt werden, und dann keine Steuer gezahlt werden, wird dies mindestens als „leichtfertige Steuerverkürzung“ geahndet werden (ganz zu schweigen von der negativen „Publicity“).

Am häufigsten treten derzeit Fälle von KWK-Anlagen mit mehr als 50 kW elektrischer Leistung auf, oder auch solche, die nicht wärmegeführt sind oder bspw. keinen Hocheffizienznachweis vorlegen können und kleiner als 50 kW sind. Hier bedarf es einigen Vorlauf, um die Anträge vollständig auszufüllen, denn die zwingend zu verwendenden Formulare der Zollbehörden (1422 und 1422a, der Link hierzu hier) verlangen dann doch einiges an Ausführungen und Belegen, die meist in unterschiedlichen Unternehmensteilen gesammelt werden müssen.

Ein „kleiner“ Stolperstein ist in den Formularen selbst eingebaut: Es wird ausdrücklich abgefragt, ob auch andere als der Anlagenbetreiber selbst Strom aus der Erzeugungsanlage erhalten, dieser mithin an weitere Letztverbraucher leistet. Wenn dem so ist, ist der Anlagenbetreiber automatisch per Gesetzesdefinition des § 2 Nr. 1 StromStG in Verbindung mit § 1a StromStV bereits als „Versorger“ tätig. Sollte nun nur Strom aus der kleinen Erzeugungsanlage und (voll versteuerter) Strom aus dem Versorgungsnetz an die „Anderen“ oder auch „Dritte“ geleistet werden (Abrechnung ist irrelevant!), dann muss eine Versorgeranzeige nach § 4 Abs. 1 StromStG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 StromStV beim zuständigen Hauptzollamt abgegeben werden! AUch hier gelten zwingende Formularvorgaben (1412 und 1412a, Link hierzu hier). In anderen Fällen (z.B. Leisten aus mehreren Anlagen mit einer Gesamtgröße von mehr als 2 MW elektrischer Leistung), ist eine offizielle Versorgererlaubnis notwendig!

Sollte das Hauptzollamt durch den Antrag zur Erlaubnis steuerfreier Verwendung von der Versorgereigenschaft Kenntnis erlangen und nicht zumindest zeitgleich eine Versorgeranzeige abgegeben werden, droht eine Ordnungswidrigkeit (siehe § 20 Nr. 1 StromStV).

Daher: Machen Sie sich alsbald an die Erstellung entsprechender Anträge, die Zeit drängt!

Michael Hill
Rechtsanwalt | Partner