Archiv der Kategorie: Energiebegriffe

Die Preisbremsen (Teil 1): Die geplante Gas- und Wärmepreisbremse – Stand Regierungsentwurf 25.11.2022


München, 27.11.2022

Bei der ab März 2023 geplanten und am 25.11.2022 vom Bundeskabinett beschlossenen Gas- und Wärmepreisbremse sollen Kunden rückwirkend für Januar und Februar 2023 und sodann bis Ende 2023 entlastet werden. Für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen, die bereits unter das „Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz – EWSG“ fallen (siehe unseren Artikel hier), soll der Gaspreis vom 01.03.2023 bis 30.04.2024 auf 12 Cent brutto (inklusive aller Netzentgelte, etc.) pro Kilowattstunde begrenzt werden. Für die Monate Januar und Februar 2023 soll eine pauschale Gutschrift, errechnet am März-Betrag, rückwirkend erfolgen. Welche Letztverbraucher unter das EWSG fallen, erfahren Sie in unserem Artikel hier. Das sind im Wesentlichen Verbraucher mit jährlichem Gas- oder Wärmeverbrauch unter 1,5 Mio. KWh, ausgenommen kommerzielle Strom- und / oder Wärmeerzeuger – siehe hier – und Krankenhäuser, inklusive aber Erdgasnutzer zur Wohnungsvermietung und Erdgas- oder Wärmenutzer für bestimmte Pflegeeinrichtungen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Im Wärmesegment beträgt der Preisdeckel hier 9,5 ct/kWh (ebenso inklusive aller Umlagen, etc.).

Auch für die Industrie ist eine Gaspreisbremse vorgesehen. Hier ist eine Begrenzung auf 7 ct/kWh auf 70 % des Verbrauchs (siehe sogleich) vorgesehen. Im Wärmebereich lautet die Grenze hier 7,5 ct/kWh, ebenso für 70 % des Verbrauchs. Beide Preise verstehen sich hier aber OHNE Netzentgelte und weiterer Umlagen, Abgaben, etc. Um die Lücke zwischen Januar und dem Inkrafttreten der Gaspreisbremse am 1.03.2023 zu überbrücken, werden die Entlastungsbeiträge für Januar und Februar im März 2023 rückwirkend abgerechnet. Insgesamt dürfen nicht mehr als 2 Mio. € Entlastung in Summe an ein Unternehmen gezahlt werden (es sei denn, es liegen besondere Gründe vor), pro Entnahmestelle darf nicht mehr als 150.000 € Entlastung stattfinden. Kliniken erhalten nach dem neuesten Regelungsentwurf eine Entlastung wie Industrieunternehmen.

1. Entlastung für Haushalte und KMU

Die Gaspreisbremse soll dazu beitragen, dass Gaskunden von den gestiegenen Energiekosten spürbar entlastet werden. Haushalte und kleinere Unternehmen mit einem Gasverbrauch von weniger als 1,5 Mio. kWh im Jahr erhalten einen Garantiepreis von 12 ct/kWh (inklusive Netzentgelte, Umlagen, etc.). Für Fernwärmekunden wird der Gaspreis auf 9,5 ct/kWh brutto gedeckelt. Dies gilt ausschließlich für den subventionierten Verbrauch von 80 % des im September 2022 prognostizierten Verbrauches (oder bei Leistungsgemessenen Kunden der gemessen Verbrauch im Jahr 2021). Für die restlichen 20 % des prognostizierten Verbrauchs ist der vertraglich vereinbarte Preis fällig. Dabei ist der subventionierte Verbrauch unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch, um Anreize für einen geringeren Verbrauch von Gas zu setzen.

Die pauschale Preisbegrenzung sinkt direkt die monatliche Gas(abschlags)rechnung. Gaskunden bezahlen jeden Monat für ein Zwölftel ihres prognostizierten Jahresverbrauches – 80 % zum festen Preis von 12 ct/kWh, die restlichen 20 % zum jeweiligen Vertragspreis. Wer im Ergebnis weniger als prognostiziert verbraucht hat, bekommt auf seiner Endabrechnung Geld zurück – die eingesparte Menge multipliziert mit höherem Vertragspreis. Das gilt für diese Kundengruppe wohlgemerkt ab März 2023.

2. Gaspreisbremse für Industrieunternehmen und Krankenhäuser

Für Industrieunternehmen und Krankenhäuser soll die Gaspreisbremse ab Januar 2023 gelten, um sie finanziell zu unterstützen und die Produktion sowie Beschäftigung zu sichern. Unternehmen mit einem Gasverbrauch von mehr als 1,5 Mio. kWh im Jahr erhalten 70 % ihres Gasverbrauchs aus dem Vorjahr zu einem garantierten Netto-Arbeitspreis von 7 ct/kWh (ohne Netzentgelte, etc.). Der subventionierte Verbrauch ergibt sich aus dem gemessenen Verbrauch im Jahr 2021 (bei Krankenhäusern, die nicht leistungsgemessen Gas beziehen sind dabei die Prognosewerte aus September 2022 heranzuziehen).

Für Wärmekunden ist der Preis auf 7,5 ct/kWh gedeckelt. Der subventionierte Preis gilt hier für 70 % des regulären Verbrauchs, dem der September-Abschlag 2022 zugrunde liegt.

Nach ersten Einschätzungen können deutschlandweit etwa 25.000 Unternehmen und 1.900 zugelassene Krankenhäuser von der Gaspreisbremse profitieren. Stromerzeugungskraftwerke dürfen keine Entlastung in Anspruch nehmen. Die Entlastung gilt sowohl für energetische als auch für stoffliche Nutzung des Gases.

3. Betrieb von KWK-Anlagen mit bezogenem Gas

Der Betrieb von KWK-Anlagen, aus denen andere Letztverbraucher als der Erzeuger mit Strom oder Wärme beliefert werden, erhalten für die dort genutzten Gasmengen keine Entlastung, da die Wärmelieferung ggf. über die Wärmepreisbremse gefördert wird (Vermeidung von Doppelförderung). Hier sind bis zum 01.03.2023 diejenigen Gasmengen an den Erdgaslieferanten zu melden, die in Verbindung mit Kondensationsstrom, Nutzwärmeerzeugung oder KWK-Nettostromerzeugung in Verbindung stehen, die zur Veräußerung an Dritte in Verbindung stehen. Wie genau hier die Grenzziehungen zu verstehen sind, werden wir in einem anderen Beitrag beleuchten.

4. Auswirkungen auf die Erdgas- und Wärmeversorger

Vertragliche Auswirkung ggü. dem Kunden: Zunächst ist festzuhalten, dass der vertragliche Grundpreis mit Stand September 2022 „eingefroren“ werden soll, um Verschiebungen von Grundpreiselementen in den Grundpreis zu verhindern. Ob das aber die. leistungsabhängige Leistungspreiskomponenten auch umfassen soll, ist fraglich. Ebenso sollen Zugaben bei Vertragsschluss, welche im Wert höher als 50 E sind, verboten sein. Die Entlastungspositionen sind auf den Rechnungen transparent auszuweisen.

Wie schon im EWSG hat der Versorger einen Anspruch auf Vorauszahlung hinsichtlich der geleisteten Entlastungen gegenüber der Bundesrepublik (ausgeführt von der KfW). Dieser soll erstmals zum 01.03.2023 auszahlbar sein und muss jeweils gesondert beantragt werden. Diesem Vorauszahlungsantrag geht wiederum ein Prüfantrag an einen „Beauftragten“ voraus. Für das erste Vierteljahr 2023 kann ein gesonderter Antrag gestellt werden, der dann bereits am 01.03.2023 erfüllt werden kann, ansonsten ist der Vorauszahlungsantrag auf die jeweiligen Jahresquartale zu stellen und wird dann quartalsweise, frühestens aber zum ersten Tag des Quartals ausgezahlt.

Die Entlastungen sind sodann bis zum 30. (!) Mai 2025 endgültig gegenüber dem BMWK endabzurechnen, samt WP-Testat.

4. Fazit

Mit rückwirkender Gaspreisbremse will die Bundesregierung Gaskunden, die von den gestiegenen Energiepreisen am meisten betroffen sind, für das gesamte Jahr 2023 und Frühjahr 2024 schützen.

Die Regelungen strotzen dahingegen vor Bürokratie, Fördergrenzen, Einzelnachweisen, Abgrenzungsproblemen (was ist Wärmelieferung und was Eigenerzeugung?) und sonstigen Erschwernissen. Dass auch hier wieder Kundendaten ab einer gewissen Abnahmemenge an Behörden und Beauftragte weitergegeben werden müssen, ist ein weiterer Stolperstein.

Im Ergebnis hätte die Bundesregierung seit dem Frühjahr Zeit gehabt, eine rechtlich saubere und einfacher umzusetzende Lösung zu finden. Was nun in der Kürze der Zeit entstanden ist, ist entsprechend komplex.

Wir planen aktuell eine Online-Informationsveranstaltung hierzu für unsere Mandanten. Wir werden Sie dann hierzu einladen.

Ewa Nawolska
Associate, Diplomjuristin

Michael Hill
Partner

Wärmelieferung im Rahmen der Soforthilfe nach EWSG: Was gilt für Contractoren?


München 17.11.2022:

Das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) stellt mittels staatlicher Soforthilfe einige Letztverbraucher von Erdgas und Wärme zunächst von deren Dezemberabschlägen frei, bzw. werden später Entlastungsbeträge berechnet (siehe generell hierzu hier). Spannend ist die Frage, wer Betreiber einer „kommerziellen Wärmeerzeugungsanlage“ ist, was sich im Ergebnis aus der Gesetzesbegründung ergibt.

Grundsätzlich sind alle Standardlastprofilkunden von der Soforthilfe umfasst, es sei denn diese betreiben mit dem Gas eine kommerzielle „Stromerzeugungskraftwerke“ oder eine kommerzielle Wärmeerzeugungsanlage. Beim letzteren gilt es nun zu unterscheiden: Betreibt der Vermieter eine solche kommerzielle Wärmeerzeugungsanlage, wenn er dessen Mieter – neben der Vermietung, im Rahmen der „Warmvermietung“ – mit Wärme beliefert? Und: Wenn der Vermieter auf Wärmelieferung, bspw. im Rahmen eines Contracting, umgestellt hat, was gilt dann?

Die Antwort ergibt sich unseres Erachtens aus dem Gesetzeszusammenhang und der -begründung: Vermieter, die „warm“ vermieten, sind zunächst im Gesetz verpflichtet, die Entlastung, die er mit der Soforthilfe erlangt (Abschlagszahlungsentfall oder Entlastungsbetrag), an die Mieter im Rahmen der Heizkostenabrechnung weiterzugeben, siehe § 5 EWSG. Damit ist die Rolle des Vermieters erst einmal klar, als derjenige, der vorrangig vermietet und „nebenbei“ die Wärme liefert. Damit betreibt dieser die Wärmeerzeugungsanlage des Hauses im Rahmen der Vermietung und der „kommerzielle“ Teil des Betriebs der Wärmeerzeugungsanlage geht im Vermietungsanteil als Nebenleistung unter. Somit wäre der Gasbezug des Vermieters für die Wärmeerzeugungsanlage über die Soforthilfe vom Gasversoger abzuwickeln.

Anders aber, wenn der Vermieter Wärme bezieht und nicht selbst erzeugt:

  • Klar ist, dass der Betreiber einer Wärmeerzeugungsanlage in einem Fernwärmenetz eben deshalb nicht von der Soforthilfe des Gasversorgers umfasst sein soll, denn diese müssen selbst gegenüber deren Kunden die Soforthilfe gewähren (§ 4 EWSG) und bspw. auf Abschläge verzichten. Der Wärmelieferant erhält dann nicht die Gasbezugskosten vom Staat ersetzt, sondern die entfallenen Wärmeabschläge.
  • Wenn nun aber der Vermieter einen Contractor mit dem Betrieb der Wärmeerzeugungsanlage beauftragt und dieser bspw. im Heizungskeller des Vermieters betreibt, liefert der Contractor wiederum nur Wärme an den Vermieter. In diesem Fall müsste daher der Contractor die Abschlagszahlung für die Wärme gegenüber dem Vermieter aussetzen (dieser gibt das an die Mieter weiter) und dann die entfallenen Wärmeabschlagszahlungen geltend machen.
  • Damit im letzteren Fall der Contractor nicht „doppelt“ entlastet wird (einmal über den Ersatz des Wärmeabschlags und zum anderen über den Ersatz des Gasabschlags für das bezogene Gas) fällt u.E. dieser unter die Kategorie der kommerziellen Betreiber von Wärmeerzeugungsanlagen und kann keinen Entfall des Gasabschlags verlangen.

Wir hoffen, damit Klarheit in der kurzfristigen Behandlung der betroffenen Kundengruppen geschaffen zu haben.

Michael Hill
Partner

P.S.: Ein weiteres Highlight folgt: nach dem ersten, uns zugänglichen Entwurf der Gaspreisbremse, sollen die Soforthilfebeträge noch als „Einkommen“ im Rahmen der Einkommenssteuer anzusetzen sein. Dies würde dann vss. einen immensen Abwicklungsaufwand mit sich bringen, insbesondere werden Einkommensteuer-IDs „durch die Gegend“ geschickt und durch die Versorger angefragt werden müssen. Wir bleiben gespannt!

Beschlossen: Dezember-Soforthilfe zur Entlastung für Erdgas- und Wärmekunden 


München, den 14.11.2022 

Der Bundesrat hat heute das Gesetz zur Soforthilfe für Letztverbraucher von leistungsgebundenem Erdgas und Kunden von Wärme (Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz- EWSG) beschlossen, das der Bundestag am 10. November 2022 in 2. und 3. Sitzung gebilligt hat. Die Erdgas-Wärme-Soforthilfe wird nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten in Kraft treten.  

Was ist geplant? 

Mit dem neuen Gesetz will die Bundesregierung Gas- und Fernwärmekunden von den gestiegenen Gaspreisen entlasten, um die Zeit zur geplanten Einführung der Gaspreisbremse zu überbrücken. Für Letztverbraucher entfällt damit die Pflicht, vertraglich vereinbarte Vor- und Abschlagszahlungen für Dezember 2022 zu leisten.  Einige wenige größere Kunden, insbesondere aus dem sozialen und karitativen Umfeld erhalten eine Kostenentlastung, welch die Dezemberzahlung erstattet.

Erfahren Sie hier mehr hinsichtlich der Regelungen für Erdgaslieferungen:

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