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Angepasste Differenzbetragsverordnung beschlossen: Geltung ab 01.10.2023


Ingolstadt, 22.09.2023: Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 21.09. die angepasste Differenzbetragsverordnung beschlossen. So gilt (anders als bisher geplant) ab 01.10.2023 (nicht 01.09.2023) die neue Verordnung, welche einen Differenzbetrag von maximal 18 ct/kWh (Strom) und 6 ct/kWh (Gas) vorschreibt, wenn ein Unternehmen mehr als 2 Mio. € Entlastung im Rahmen der Preisbremsen beansprucht. Hintergrund und funktionsweise hatten wir hier schon einmal beschrieben.

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Fehlanreize durch Preisbremsen? – Im Extremfall zahlen insbes. Unternehmen nichts für deren verbrauchtes Gas


Zusammenfassung:

Die Preisbremsegesetze schaffen nach aktueller Gestaltung und Auslegung eine Möglichkeit für Unternehmen, insbesondere deren (bis zu) gesamten Gasverbrauch über die Preisbremsemittel zu finanzieren. Dafür müssen die Unternehmen deren Gasverbrauch nur – ggf. durch Substitution des Gases durch Heizöl – nur so weit reduzieren, dass sie den Verbrauch aus dem Jahr 2021 signifikant unterschreiten. Dann werden die Bremsezahlungen auch auf andere Rechnungskomponenten als dem Arbeitspreis verrechnet. Selbst die Energiesteuer auf das Gas kann damit durch Bremsezahlungen – geleistet aus dem 200-Milliarden-Abwehrschirm – beglichen werden. Nur Gutschriften darf es keine geben.

Im Detail:

Um die Auswirkungen der Energiekrise durch den Ukrainekrieg und verfehlte nationale energiepolitische Entscheidungen abzumildern, hat der Gesetzgeber die Preisbremsen im Bereich Strom, Gas und Wärme erlassen. Die Intention dahinter, die Kunden von den stark gestiegenen Energiepreisen zu entlasten und einen Anreiz zur Einsparung von dem knappen Gut Energie zu schaffen, ist im Grundsatz eine gute. Ob damit jedoch bezweckt werden sollte, dass insbesondere industrielle Großverbraucher bei starken Verbrauchsreduktionen bzw. einer Substitution von Erdgas durch klimaschädlicheres Erdöl für deren Energieverbrauch durch die Entlastungen der aus Steuergeldern finanzierten Preisbremsen nichts bezahlen, erscheint mehr als fragwürdig.

Zum rechtlichen Hintergrund:

Der Entlastungsbetrag ermittelt sich nach den Preisbremsegesetzen aus dem Differenzbetrag multipliziert mit dem individuellen Entlastungskontingent. Vereinfacht ist der Differenzbetrag der Unterschied zwischen dem vom Energieversorger in Rechnung gestellten Arbeitspreis und dem in den Preisbremsegesetzen jeweils festgelegten Referenzpreis (staatlich mittels Preisbremsegesetzen gedeckelter Höchstpreis). Das Entlastungskontigent hingegen ermittelt sich auf Basis des individuellen Verbrauchs des Kunden und beträgt grundsätzlich für industrielle Großverbraucher 70 Prozent des Verbrauchs aus dem letzten Vorkrisenjahr 2021.

Solange sich der Verbrauch im Jahr 2023 nun zumindest einigermaßen mit dem des Jahres 2021 deckt, erhält der Verbraucher nun eine entsprechende Entlastungssumme angerechnet. Reduziert der Großkunde seinen Verbrauch im Kalenderjahr 2023 auf unter 70 Prozent des Referenzverbrauchs (Entlastungskontingent), ist der durch die Preisbremse gewährte Entlastungsbetrag entsprechend höher und die Energiekosten reduzieren sich entsprechend, was sinnvoll und vor dem Hintergrund der angestrebten Energieeinsparung auch die Intention des Gesetzgebers ist. Die Kunden sollen durch die Preisbremsen gerade zur Einsparung von Energie angehalten werden.

Sinkt der individuelle Verbrauch des Großkunden – beispielsweise, weil er statt Erdgas billigeres und klimaschädlicheres Heizöl einsetzt – deutlich unter den Wert von 70 Prozent des Referenzverbrauchs und liegt beispielsweise bei 40 Prozent des Referenzverbrauchs aus dem Bezugsjahr 2021, kann bei entsprechend hohen vertraglich vereinbarten Energiepreisen und damit einem hohen Differenzbetrag der Entlastungsbetrag über den tatsächlichen Energiekosten des Großverbrauchers liegen. Zwar sehen die Preisbremsegesetze vor, dass die Energiekosten einen Wert von „null“ Euro nicht unterschreiten dürfen und damit im Ergebnis keine Erstattung (trotz Energiebezug) an den Letztverbraucher erfolgen darf. Im Extremfall ist es jedoch so, dass der Großkunde für die von ihm bezogene Energie nichts bezahlt.

Bewertung:

Durch starke Verbrauchsreduktionen, insbesondere bei der Abnahme von Erdgas, können es insbesondere industrielle Kunden daher schaffen, deren Gasrechnungen bis auf „null“ zu reduzieren. Damit wirken die „Preisbremsen“ nicht mehr nur noch als solche, sondern es werden durch staatliche Gelder (werthaltige) Energieverbräuche von Großabnehmern subventioniert. Hintergrund ist die Berechnung des Entlastungsbetrags bei den Preisbremsen, welcher stur auf einen absoluten Wert des Verbrauchs 2021 abstellt und davon eine Menge („Kontingent“) von 70 % mit einem Zahlbetrag ansetzt. Eine starke Minderabnahme im aktuellen Jahr 2023 kann deshalb dazu führen, dass aufgrund des hohen Zahlbetrags der gesamte Energieverbrauch aus dem Preisbremsetopf bezahlt wird.

Somit wirkt die Preisbremse nicht als „Bremse“ sondern als reine Subvention für Verbrauchseinschränkungen. Preisbestandteile wie Netzentgelte, Steuern, Grundgebühren, etc. und auch der „gesetzlich reduzierte Preis“ würden dann durch den Steuerzahler bezahlt. Dass diese Einschränkungen aktuell von vielen Unternehmen durch eine Substitution von Gas durch Heizöl erzielt wird, ist seit 2022 bekannt, als diese Unternehmen aufgrund der hohen Gaspreise auf das damals wie heute vergleichsweise günstige Öl umgestiegen sind. Auch setzt diese Art der Förderung einen Anreiz, Produktionen zu drosseln und damit die Gestehungskosten zu reduzieren, insbesondere bei Unternehmen mit abgeschriebenen Produktionsanlagen, bzw. geringen CapEx und flexiblen Arbeitnehmerkosten, bspw. wegen pot. Kurzarbeitergeld-Zahlungen.

Die Mandanten der Kanzlei haben sich bisher in derartigen Fällen dazu entschieden, auf Teile der Förderung zu verzichten und nur diejenigen Energiemengen auf den gesetzlichen Referenzpreis zu begrenzen, die konkret verbraucht wurden. „Ein Mehr an Förderung wäre zwar rechtlich möglich, ist aber ethisch unseres Erachtens nicht vertretbar.“, führte ein Mandant ausdrücklich aus.

Ob das im Sinne des Erfinders war, bleibt daher fraglich.

Michael Hill
Partner

Hans Koppenwallner
Senior Associate

Preisbremsen: Antragsportal der Prüfbehörde für atypische Minderverbräuche ist online!!


Ingolstadt, 12.09.2023: Seit heute ist uns bekannt, dass das Antragsportal der Prüfbehörde zur Einreichung von Anträgen wegen atypischen Minderverbräuchen bei den Preisbremsen online ist. Über die Antragsvoraussetzungen hatten wir berichtet, möchten aber nochmals auf die Frist zum 30.09.2023 (also in 18 Tagen von heute) hinweisen!!

Den Link zum Portal finden sie hier.

Michael Hill
Partner