Grundversorgungs- oder Ersatzversorgungsvertrag? Das gilt nach Beendigung des Energieliefervertrages durch den Haushaltskunden oder Lieferanten!


Ingolstadt, den 02.02.2023

Die Bundesnetzagentur hat kürzlich ein Positionspapier veranlasst, nachdem einige Grundversorger Kunden, deren reguläre (Normsonderkunden-)Lieferverträge entsprechend der dort vereinbarten Vertragslaufzeit beendet waren, in die Ersatzversorgung zugeordnet hatten und einen Wechsel zur Grundversorgung erst nach drei Monaten zuließ, bzw. vornahm. Das ist insbesondere dann relevant, wenn die Ersatzversorgungstarife – inzwischen berechtigterweise – höher als die Grundversorgungstarife sind. Hintergrund dieses Verhaltens war eine Unklarheit bei der Auslegung der Regelungen zur Grund- und Ersatzversorgung, welche nun versucht wird durch die BNetzA klarzustellen.

Diese hat nun betont, dass Haushaltskunden, deren Lieferverträge regulär enden, einen Anspruch auf Grundversorgung und nicht Ersatzversorgung haben (Mitteilung vom 18.01.2023, hier). Anders als bei Kunden, deren Versorgungsvertrag zunächst ohne deren Kenntnis nicht mehr vom bisherigen Versorger (bspw. aufgrund der Kündigung von Netznutzungs- oder Bilanzkreisverträgen) erfüllt wird, ist beim regulären Vertragsende kein Platz für die Ersatzversorgung.

Zu den Hintergründen erfahren Sie im Folgenden mehr:

Grundlagen der Grund- und Ersatzversorgung

Im Rahmen der sog. Daseinsvorsorge und dem damit einhergehenden Schutzziel der Grundversorgung von Strom und Gas, soll für den Haushaltskunden i.S.d. § 3 Nr. 22 EnWG sichergestellt werden, dass dieser zu standardisierten Bedingungen zuverlässig mit Energie versorgt wird.

Dies erfolgt je nach Fallkonstellation im Rahmen der Grund- oder Ersatzversorgung. Aufgrund der unterschiedlichen Preise und Bedingungen in der Grund- und Ersatzversorgung, gibt es gesetzliche Regelungen, unter welchen Voraussetzungen der Haushaltskunde der jeweiligen Versorgung zugeordnet wird.

Was sind Grundversorgung und Ersatzversorgung?

Bei der Grundversorgung handelt es sich um eine Energielieferung durch den Grundversorger an Haushaltskunden zu allgemeinen Preisen und Bedingungen. Grundversorger ist das Energieversorgungsunternehmen mit den meisten Haushaltskunden im Netzgebiet, wie zum Beispiel die örtlichen Stadtwerke.

Unter den Begriff des Haushaltskunden fallen alle Letztverbraucher, die im Privathaushalt ihre Energie überwiegend für den Eigengebrauch kaufen ohne Mengenbegrenzung sowie Letztverbraucher die ihre Energie für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen und dabei einen Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden nicht übersteigen.

Hat der Haushaltskunde keinen Vertrag mit einem anderen Energieanbieter abgeschlossen, fällt dieser automatisch in die Grundversorgung und erhält automatisch Strom und Gas vom zuständigen Versorgungsunternehmen. Mit diesem Versorgungsunternehmen kommt dann stillschweigend ein Vertrag zustande.

Eine Ersatzversorgung tritt hingegen ein, wenn entweder ein bestehender Versorgungsvertrag entfällt (im Zweifelsfall, ohne, dass der Kunde von diesem Entfall Kenntnis erlangt) oder für Kunden, die keine Haushaltskunden sind und in der Niederspannung keinen sonstigen Liefervertrag abgeschlossen haben. In diesem Fall muss der Grundversorger (als Ersatzversorger) eingreifen, damit beim Letztverbraucher bzw. Endkunden der Strom bzw. das Gas nicht „ausgeht“, zumindest, dass die Entnahmen einem Lieferanten zugeordnet werden können. Dies ist Ausfluss des Grundsatzes der Daseinsvorsorge.

Wenn also ein Endkunde aus diversen Gründen keinem regulären Vertrag zugeordnet ist, dann wird er im Rahmen der gesetzlich festgelegten Grund- oder Ersatzversorgung beliefert. Die Unterscheidung hingegen ist elementar.

Gründe, weshalb eine Ersatzversorgung eintritt, können von unterschiedlicher Natur sein:

  • Wenn ein Energieversorger durch knappe Kalkulation bei Endpreisen für den Verbraucher aufgrund steigender Energiekosten in die Insolvenz gerät oder ihm die Netznutzung gekündigt wird und dadurch seinen Lieferpflichten nicht mehr nachkommen kann.
  • Bei Verzögerungen durch bürokratische oder rechtliche Probleme.

Eine Ersatzversorgung endet automatisch, wenn ein neuer Liefervertrag vorhanden ist oder drei Monate nach Beginn der Ersatzenergieversorgung.

Welche Probleme ergeben sich, wenn der Endverbraucher in die Ersatzversorgung fällt?

Zurzeit gibt es zunehmend Verbraucherbeschwerden über fehlerhafte Zuordnungen in die Grund- bzw. Ersatzversorgung, nachdem diese ihren bisherigen Energieliefervertrag durch Kündigung beendet haben.

Hat ein Stromliefervertrag das Ende der Vertragslaufzeit erreicht, das heißt der Vertrag wurde entweder vom Haushaltskunden oder Lieferanten gekündigt oder nicht rechtzeitig verlängert und wurde auch kein Vertrag mit einem anderen Stromversorger abgeschlossen, kann dies in der gängigen Praxis dazu führen, dass der Verbraucher in die Ersatzversorgung fällt.

Dies bringt jedoch einige Nachteile für den Haushaltskunden mit sich. Wirft man einen Blick auf § 38 Abs. 2 S.1 EnWG, wird klar, dass die Preise der Ersatzversorgung höher sein dürfen als die der Grundversorgung. Der Grundversorger ist des Weiteren auch dazu berechtigt, die Preise der Ersatzversorgung jeweils zum ersten und zum 15. eines Kalendermonats neu zu ermitteln und ohne Einhaltung einer Frist an den Preis der Börse anzupassen.

Achtung: Anspruch auf Grundversorgung besteht!

Wird dem Haushaltskunden durch den Grundversorger, nach Kündigung oder Sonderkündigung durch eine Partei, mitgeteilt, dass dieser in die Ersatzversorgung einzustufen ist, sollte der Haushaltskunde dieser Aufnahme widersprechen und den Grundversorger auffordern, diesen direkt in die Grundversorgung aufzunehmen.

Ansicht der Bundesnetzagentur:

Auch die Bundesnetzagentur sah sich vor diesem Hintergrund veranlasst, klarzustellen, dass eine Einstufung in die Grundversorgung erfolgt.

So ist davon auszugehen, dass der Haushaltskunde, auch wenn dieser keinen neuen wettbewerblichen Liefervertrag abschließt, durch die Entnahme von Energie konkludent einen Grundversorgungsvertrag abschließen möchte.

Dass nach § 36 Abs.1 S.5 EnWG für die Dauer von drei Monaten, keine Pflicht zur Grundversorgung besteht, ist eng auszulegen und als Ausnahme von der Regel der Grundversorgung zu verstehen. Ebenso ist im Regelfall eine analoge Anwendung dieser Ausnahmeregelung zu Lasten des Haushaltskunden zu verneinen.

Keine Unterscheidung zwischen Neu- und Bestandskunden

In jüngster Vergangenheit gingen einige Energieversorger dazu über Neukundentarife einzuführen, um die höheren Beschaffungskosten am Markt an die Endkunden weiterzugeben (sog. Preissplitting). Dies führte dazu, dass Neukunden mit erheblich höheren Kosten als für Bestandskunden zu rechnen hatten.

Der Gesetzgeber hat auf diese kritische Situation jedoch reagiert und seit dem 01.11.2022 festgelegt, dass Energieversorgungsunternehmen ihren Neukunden denselben Preis anbieten müssen, wie der ihrer Bestandskunden. Die Verträge, die bereits vor dem 28.07.2022 abgeschlossen wurden, müssen von den Energieversorgern entsprechend angepasst werden.

Der Grundversorger kann sich also nicht aus der Misere ziehen, dass hohe Kundenzuwächse in der Grundversorgung zu nicht mehr kostendeckenden allgemeinen Preis der Grundversorgung führen. Vielmehr kann dieser unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen die Preise dem Markt anpassen und  demnach auch erhöhen.

Haben Sie Fragen? Wir beraten Sie gern und unterstützen Sie bei Fragen zu diesem Thema.

Christoph Fuhrmann
Rechtsassessor

Michael Hill
Partner

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