Energierecht: März wird zum Monat des Energiepreises! Entscheidung des EuGH erwartet…


Der März 2013 wird für die Strom- und Gasbranche noch weitere Überraschungen parat halten. Zum bereits berichteten Urteil des OLG Düsseldorf (http://blog-fsh-ra.com/2013/03/07/energierecht-olg-dusseldorf-halt-netzentgeltbefreiung-fur-nichtig/) wird auch der Preisanteil für Beschaffung und Vertrieb, also der eigentliche Preis für Strom und Gas (neben Netzentgelten, Steuer, Abgaben und Umlagen) Thema sein.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) befasst sich derzeit mit der Frage, ob Preisanpassungsklauseln in Sonderkundenverträgen und in der Grundversorgung der Gaslieferung bislang rechtmäßig gewesen sind. Ein Urteil hierzu wird im März erwartet.

Hintergrund ist, dass Gaskunden, welche einen gesonderten Energieliefervertrag abgeschlossen haben, neben entsprechenden Klauseln zur Weitergabe von Erhöhungen von Steuern, Abgaben und Umlage sowie Netzentgelten, auch Regelungen zur Anpassung des eigentlichen Energiepreises haben. Auch hier gilt es natürlich aufgrund geänderter Beschaffungspreise, diese Änderungen an den Kunden (entsprechend Margenneutral) weiterzugeben, im positiven wie negativen Sinne.

Derartige Klauseln wurden bislang in fast allen Facetten vom Bundesgerichtshof (BGH) als missverständlich und intransparent angesehen. Der BGH hat hierbei das AGB-Recht aus den §§ 305 ff BGB herangezogen und auch teilweise für Verträge unter Unternehmen als anwendbar angesehen. Ergebnis war, dass nach Ansicht des BGH nur solche Preisanpassungsklauseln als wirksam angesehen wurden, welche die entsprechende Regelung des § 5 Abs. 2 Grundversorgungsverordnung Gas (GasGVV) 1:1 abschreibt. Dieser Paragraph und die StromGVV hätte eine Leitbildfunktion auch aufgrund der Vorgaben des § 310 BGB. Das selbe gilt für den § 5 StromGVV, der inhaltsgleich zum § 5 GasGVV ist.

Nunmehr ist der § 5 Abs. 2 GasGVV aber Teil der Diskussion vor dem EuGH. Diese Regelung (siehe unten) würde nur den Prozess der Gaspreiserhöhung, nicht aber die Gründe für eine solche beschreiben. Damit wäre der Paragraph an sich doch auch intransparent und missverständlich. Sollten nunmehr die Grundsätze des AGB-Rechts, welches wiederum auf einer Kommissionsrichtlinie basiert, auch auf die Verordnung anwendbar sein, wäre doch auch der § 5 StromGVV unwirksam. Aus diesem Grund hat der BGH dem EuGH die Frage der Wirksamkeit des § 5 GasGVV im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt.

Die Generalanwältin am EuGH hat am 13.09.2012 bereits vorgetragen, dass sie von einer Unwirksamkeit des § 5 StromGVV (bzw. dessen Vorgängervorschrift des § 4 AVBStromVO) im Ergebnis ausgeht. Welche Auswirkungen dies auf bestehende Verträge im Detail hätte bleibt abzuwarten.

Der EuGH kann in dem Urteil wohl dem Bundesgerichtshof nur „Hinweise“ zur Auslegung geben, der BGH wird aber voraussichtlich diesen Hinweisen folgen. Der BGH hat aber zwischenzeitlich betont, dass dessen Rechtsprechung zur ergänzenden Vertragsauslegung weiter Bestand hätte (Urteile vom 23.01.2012). Dies würde bedeuten, dass Preisanpassungen nicht immer ab Abschluss des Vertrages, sondern nur rückwirkend für drei Jahre nach Widerspruch des Kunden gegen solche Erhöhungen unwirksam wären.

Sobald der EuGH entscheidet, werden Sie hier darüber informiert. Im Übrigen hält der Partner der Kanzlei, Michael Hill, am 18. April 2013 ein Seminar beim VBEW hierzu in München. Anmeldungen über http://www.vbew.de (http://www.vbew.de/index.php?id=53&tx_twevent_pi1%5BshowUid%5D=804&cHash=970679d7ef7baa1fb8e768c2c0c1cffb)

Bewertung:

Es kann sich durch das Urteil für Haushaltskunden Ansprüche ergeben, eventuell rückwirkend Preisanpassungen aus den letzten 3 Jahren oder 3 Jahre vor einem eventuell erfolgten Widerspruch, anzugreifen.

Damit folgt ein sehr hohes finanzielles Risiko für die Stromversorger, die bislang auf de Beständigkeit der BGH-Rechtsprechung vertrauten.

 

Fundstellen:

Neues Urteil des BGH zur ergänzenden Vertragsauslegung vom 23.01.2013, bspw.:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=8195&Seite=4&nr=63148&pos=133&anz=624

Wortlaut des § 5 Abs. 2 und 3 Strom- und Gas GVV:

„(2) Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.
(3) Im Fall einer Änderung der Allgemeinen Preise oder ergänzenden Bedingungen hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen. Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen werden gegenüber demjenigen Kunden nicht wirksam, der bei einer Kündigung des Vertrages mit dem Grundversorger die Einleitung eines Wechsels des Versorgers durch entsprechenden Vertragsschluss innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung nachweist.“

Michael Hill
Rechtsanwalt & Mediator (DAA)

3 Gedanken zu „Energierecht: März wird zum Monat des Energiepreises! Entscheidung des EuGH erwartet…

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