Das Bundeskabinett hat das Mieterstromgesetz verabschiedet, das nun in den Gesetzgebungsprozess überführt wird und vss. noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Das Gesetz soll den Ausbau der Solarenergie auf Wohngebäuden vorantreiben, damit „Investitionssicherheit“ für und Klarheit in die derzeit oftmals umgesetzten Mieterstrommodelle bringen. Die wesentliche Herausforderung des Gesetzes ist es aber bislang, die besagte Investitionssicherheit zu erzielen. Dennoch zunächst ein kurzer Überblick über den Gesetzesinhalt:
Im „Mieterstrommodell“ beliefert ein oder mehrere Betreiber einer oder mehrere Stromerzeugungsanlagen in räumlicher Nähe innerhalb eines nicht regulierten Stromnetzes[1] eine unbestimmte Anzahl von Bewohnern. Der Gesetzgeber des Mieterstromgesetzes definiert Mieterstrom dabei ausschließlich für Kundenanlagen die zu Wohnzwecken genutzt werden und nur die Photovoltaikanlage (PV-Anlage) als zulässige Erzeugungsanlage. Dabei müssen die Bewohner der Kundenanlage nicht zwingend „Mieter“ der Räumlichkeiten sein, denkbar sind z.B. auch Wohnungseigentümer.
Im KWKG 2016 findet sich bereits eine Konstellation, die nun – folgt man dem Entwurf des Mieterstromgesetzes – auch für Photovoltaikanlagen gelten soll: KWK-Strom aus KWK-Anlagen egal welcher Größe, der innerhalb einer Kundenanlage verbleibt und nicht das Netz der allgemeinen Versorgung erreicht, aber an Dritte geliefert wird, erhält eine Förderung zwischen 4 und 1 Cent pro Kilowattstunde, wenn für den Strom im Gegenzug die volle EEG-Umlage bezahlt wird.
Ähnlich will das nun das Mieterstromgesetz regeln, welches im Wesentliche durch Änderungen von Teilen des EEG geschafft wird: Kern ist, dass nun Strom aus PV-Anlagen bis zu einer Größe von 100 kW, der in einer Kundenanlage, die Wohnzwecken dient durch Letztverbraucher bezogen wird, mit einem Betrag zwischen 3,81 und 2,21 Cent pro Kilowattstunde gefördert wird. Natürlich muss für den Strom, der an Dritte geliefert wurde, 100 % EEG-Umlage[2] (derzeit 6,88 cent/kWh) abgeführt werden. Eine Eigenversorgung mit Strom aus der PV-Anlage führt hingegen nicht zu einem Anspruch auf Mieterstromförderung, denn der Strom muss an Letztverbraucher „geliefert“ werden. Begrenzt ist die Förderung sodann auf 500 MW installierter Leistung pro Jahr und eine Förderung von Bestandsszenarien ist ausgeschlossen.
Neben einer Änderung der Regelungen zur Messung in Kundenanlagen[3] (wir werden berichten) sticht für den Investor eine wesentliche Neuregelung und „Klarstellung“ ins Auge:
Der Vermieter, bzw. der Anbieter des Mieterstromes, muss den gesamten Bedarf des Mieters mit Strom decken[4], darf künftig den Bezug von Mieterstrom nicht mehr mit dem Mietvertrag[5] verknüpfen[6] UND der Mieterstromvertrag darf maximal ein Jahr binden[7], mit einer weiteren Verlängerung von maximal einem weiteren Jahr[8]. Nach Ablauf dieser maximalen Laufzeiten des Vertrages ist der Mieter wieder frei in der Wahl seines Stromanbieters[9]. Sinn und Zweck dieser Regelung ist der Schutz des freien Wettbewerbs.
Doch diese Regelung ist nach meiner Ansicht ein wesentlicher Hemmschuh zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles, wonach ja der „Ausbau von Solarenergie auf Wohngebäuden“ vorangetrieben werden soll: Der wesentliche Unterschied zwischen der Bepreisung von Strom aus der Erzeugungsanlage und aus dem Netz der öffentlichen Versorgung ist heute (noch) das Entfallen der Netzentgelte, Netzentgeltumlagen und Stromsteuer. Daher kann der vermeintlich teure Strom aus der Erzeugungsanlage[10] mit dem günstigen Netzstrom[11] konkurrieren. Es ist absehbar und bereits im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung verankert, dass Erzeuger künftig an den Netzentgelten bspw. durch einen erhöhten Leistungspreis beteiligt werden (siehe auch den Artikel hier). Auch das „Weißbuch – Ein Strommarkt der Energiewende“ des BMWi lässt erkennen, dass künftig Netzentgelte auch auf dezentrale Erzeugung verlangt werden wird.
Sobald dies der Fall ist, wird Mieterstrom teurer werden als der Strom aus dem Versorgungsnetz, wenn dieser kostendeckend verlangt werden soll. Mieter springen dann ab und die Investition in das Mieterstrommodell[12] werden nicht refinanziert. Die Volleinspeisung der vom Mieter nicht mehr abgenommenen Strommengen wirkt dann nur Schadensmindernd, denn z.B. können Bezugsverträge für Reststrom nicht einfach „mitgekündigt“ oder grundsätzlich in der Menge angepasst werden. Der Investor in die Mieterstromanlage wird hier nicht geschützt. Damit wird das Gesetz an diesem Punkt nicht das erklärte Ziel erreichen, sollte es in dieser Fassung verabschiedet werden.
Zumindest eine Laufzeit der Mieterstromverträge bis zum Ablauf der Abschreibung bei einer neuen Investition sehe ich daher als sinnvoll an. Es ist nicht begreiflich, warum der Mieter – wie es die Gesetzesbegründung ausführt – an der Energiewende und deren Vorteilen partizipieren soll, andererseits alle Risiken dieser Partizipation am Ende beim Investor „hängen bleiben“, wenn der Strom aufgrund eines Netzentgeltaufschlags wieder teurer wird.
Wir werden hier zu gegebener Zeit über die weiteren Anforderungen an Mieterstromabwicklungen berichten (z.B. Abschluss von Reststromlieferverträgen, Versorgereigenschaft nach Stromsteuergesetz für Mieterstromanbieter, Abrechnungen der Energielieferungen nach §§ 41 und 42 EnWG, REMIT, Messung, EEG-Umlageabführung, Gewerbesteuerpflicht, etc.). Dennoch empfinde ich bereits jetzt die neuen Regelungen als nicht zielführend, um „auch den Mieter an der Energiewende partizipieren lassen zu können.“ Eine Investitionsempfehlung in die Anschaffung von PV-Anlagen zur Mieterstromversorgung würde ich – sollte das Gesetz in der geplanten Konstellation kommen – nicht aussprechen.
Gerne helfen wir Ihnen dennoch bei der Bewertung der Anforderungen an die Umsetzung von Mieterstrommodellen.
Michael Hill
Partner
[1] innerhalb einer Kundenanlage, also z.B. innerhalb eines Mehrfamilienhauses
[2] Derzeit 6,88 ct/kWh
[3] Das Gesetz im letzten Entwurf spricht nun davon, dass der Mieterstrom „so genau ermittelt werden [soll], wie es die Messtechnik zulässt, die nach dem Messstellenbetriebsgesetz zu verwenden ist“ (gemäß dem neuen § 21 Abs. 3 EEG 2017-E). Diese neue Regelung wird dann durch eine weitere Änderung in EnWG flankiert, wonach ein neuer § 20 Abs. 1d EnWG eingefügt wird. Darin werden die örtlichen Verteilnetzbetreiber verpflichtet, dass (alle) Kundenanlagen, einen speziellen „Service“ erhalten: Der Netzbetreiber ist verpflichtet, den Summenzähler (für Einspeisung und Entnahme aus dem Netz) sowie alle Zählpunkte zur Verfügung zu stellen, die für Unterzähler innerhalb der Kundenanlage relevant sind. Dabei ist bei einer Belieferung von Letztverbrauchern durch Dritte (z.B. den Mieterstromlieferanten) eine „Verrechnung“ der Zählerwerte über Unterzähler vorzunehmen. Eine Verrechnung von Leistungsgemessenen Zählerwerten (RLM) und Werten aus standardisierten Lastprofilen (SLP) soll sodann zulässig sein. (Natürlich nur soweit das Mess- und Eichgesetz eingehalten wird und die Verrechnung in dessen Grenzen möglich ist).
[4] also nicht nur aus der Erzeugungsanlage liefern, sondern auch „Zusatzstrom“ aus dem Netz
[5] bis auf wenige Fälle, wie bspw. Zwischenmiete
[6] Warum die Verbindung des Mieterstromvertrages mit dem Mietvertag verwerflich sein soll, wenn bspw. in einem Neubau Mieterstrom angeboten wird, erklärt sich für mich nicht, wenn hier die sogleich von mir geforderten Maximallaufzeiten eingehalten werden.
[7] Dies gilt im Übrigen nur für die Mieterstrommodelle, welche PV-Anlagen als Erzeugungsanlage nutzen und die Mieterstromförderung beantragen, für alle anderen Konstrukte gilt das „normale“ Zivilrecht (v.a. § 309 Nr. 9 BGB)
[8] § 42a EnWG Entwurf
[9] worauf sich der Mietstromanbieter wieder im Wettbewerb beweisen kann
[10] Erfahrungsweise zwischen 6 bis 10 ct/ kWh Gestehungskosten, wenn man eine reguläre Abschreibung von PV-Anlagen betrachtet
[11] derzeit etwa 3-4 ct/kWh an der Strombörse
[12] welche aufgrund mannigfaltiger komplizierter Regelungen aus dem Stromsteuerrecht, dem EEG und ggf. Vorgaben aus REMIT weit über die Anschaffungskosten der PV-Anlage hinausgehen!