Das Bundeskabinett hat bereits am 27.08.2014 den Entwurf der Änderung der Strom- und Gas Grundversorgungsverordnung (GVV) zur Kenntnis genommen.
Die Grundversorgungsverordnung gilt dann, wenn ein Privatkunde, der seinen Strom / sein Gas für den privaten Gebrauch entnimmt oder jeder Gewerbekunde bis zu einer Abnahme von jeweils 10.000 kWh/a, keinen gesonderten Versorgungsvertrag abgeschlossen hat und Strom bezieht (§§ 36 bis 39 EnWG). Man spricht hier auch von eiern „AOK-Versorgung“ mit Strom und Gas.
Die Änderung der GVV war notwendig geworden, da die bisherige Preisanpassungsregelung in Kritik geraten ist, diese sei eventuell europarechtswidrig.
Die Verordnungsänderung sieht insbesondere auch vor, den Anteil der Strom- bzw. Gaskosten unter Abzug aller staatlichen Lasten und der regulierten Netzentgelte gesondert durch die Versorger veröffentlichen zu lassen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 ff GVV-E). Dadurch wird der Kostenblock für Beschaffung und Vertriebskosten (inklusive Marge) in der Grundversorgung transparenter.
Daneben werden die Preise insgesamt transparenter dargestellt, indem alle staatlichen Lasten auf den Rechnungen ausgewiesen werden müssen. Bei Änderungen dieser Lasten ist eine sofortige Änderungspflicht durch den Versorger festgelegt, sollte der Saldo der Belastungen sich ändern.
Der Entwurf wird derzeit dem Bundesrat zugeleitet, der hierüber noch entscheiden muss.
Einschätzung des Entwurfs und Kritik:
Warum der Verordnungsgeber den Kostenblock für „Beschaffung und Vertriebskosten (inklusive Marge)“ gerade in der gesetzlichen Grundversorgung so transparent verlangt, bleibt fraglich, denn eine entsprechende Veröffentlichungspflicht besteht bislang nicht bei den gesondert durch Haushaltskunden abzuschließenden Verträgen (sog. „Normsonderkundenverträge“). Hier kann der Kunde zwar mit etwas Mühe die staatlichen oder regulierten Kostenblöcke eruieren und addieren (denn diese sind alle inzwischen im Internet veröffentlicht), dennoch ist die weitreichende Transparenz der Preise in Form einer Übernahme dieser Recherche- und Rechenaufgabe durch den Versorger dort nicht verlangt.
Der grundversorgte Kunde kann sodann zwar theoretisch die Beschaffungskosten der Grundversorgungstarife in Nachbargemeinden mit den eigenen Tarifen vergleichen, aber in der gesetzlichen Grundversorgung hat dieser nicht die Wahl zwischen einem etwaig günstigeren Tarif in einem anderen Grundversorgungsgebiet und dem eigenen Gebiet. Er kann lediglich einen gesonderten Normsonderkundenvertrag mit einem Versorger seiner Wahl abschließen, der – zurecht, denn es handelt sich hierbei um ein Wettbewerbsprodukt – wiederum nicht in gleicher Art transparent ist.
Zudem kann dies zu Irrtümern führen: Der Kostenblock „Beschaffung“ würde dann schnell mit den aktuellen Börsenpreisen verglichen und derzeit als „zu hoch“ wahrgenommen. Dies hängt daran, dass die meisten Grundversorger aus Sorgfalt und kaufmännischer Vorsicht die benötigten Strommengen für die Grundversorgung im aktuellen Jahr bereits vor 3 bis 4 Jahren am sog. „Terminmarkt“ an der Börse oder über ihre Vorlieferanten beschafft hat. Zu dieser Zeit waren aufgrund geringerer Einspeisung regenerativer Energien die Strompreise noch höher. Ebenso müssen Mengenrisiken aufgrund steigender Wechselquoten aus der Grundversorgung mit in die Beschaffungskosten eingerechnet werden, was wiederum zu eine leichten Aufschlag führt. Dies alles sind gänzlich komplizierte Energielogistische und -beschaffungsstrategische Hintergründe, die kaum vermittelbar sind.
Der Vorwurf der „Abzocke“ durch die Grundversorger wird trotz dieser Begründung bei einer so hohen (und wie gezeigt meines Erachtens sinnlosen) Transparenz des Kostenblocks „Beschaffung und Vertriebskosten (inkl. Marge)“ wieder lauter werden. Dieses Risiko einzugehen und die bei den Grundversorgern beteiligten Kommunen und Städte damit in unnötige Not zu bringen, wobei dieser Transparenz kein wirklicher Mehrwert entgegensteht, ist meines Erachtens fahrlässig.
Wir hoffen daher auf eine Änderung des Entwurfs durch den Bundesrat diesbezüglich.
Michael Hill
Partner
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