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Besteuerung der Dezember-Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden


München, den 9.12.2022

Der Bundestag hat am 02.12.2022 wichtige Neuerungen im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 verabschiedet. Auf Empfehlung des Finanzausschlusses wurde in den ursprünglichen Gesetzentwurf unter anderem ein neuer Abschnitt XVI aufgenommen, der Regelungen zur Besteuerung der einmaligen Entlastung der Gas- und Fernwärmekunden im Dezember 2022 nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) enthält. Der Entwurf wird im nächsten Schritt dem Bundesrat zugeleitet, der über ihn voraussichtlich am 16.12.2022 beraten wird.

Wenn Sie mehr zum Thema Dezember-Soforthilfe erfahren möchten, lesen Sie hierzu unseren Artikel “Beschlossen: Dezember-Soforthilfe zur Entlastung von Erdgas- und Wärmekunden“.

Zuordnung zu den „sonstigen Einkunftsarten”

Nach dem neuen § 123 EStG stellen alle im Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz genannten Entlastungen steuerpflichte Einnahmen dar, die der Besteuerung unterliegen. Sie sind den „sonstigen Einkünften” nach § 22 Abs. 3 S. 1 EStG zuzuordnen, soweit sie weder zu den Einkünften nach§ 2 Abs. 1 Nr. 1-6 EStG noch zu den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören. Der Gesetzgeber erreicht dadurch, dass in erster Linie Entlastungen im Privatbereich besteuert werden können.

Der Entlastungsbetrag wird nach Maßgabe des § 124 EStG direkt dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Die in § 22 Nr. 3 S. 2 EStG geregelte Freigrenze von 256 Euro pro Kalenderjahr ist auf den Entlastungsbetrag nicht anwendbar.

Berechnung des zu versteuernden Anteiles der Entlastung nach § 123 Abs. 1 EStG

Um die von der Energiekrise am meisten betroffenen Letztverbraucher tatsächlich von der Soforthilfe profitieren zu lassen, sieht die gesetzliche Regelung eine stufenweise Besteuerung vor. Nach dem Jahressteuergesetz werden die Entlastungen nach EWSG dem zu versteuernden Einkommen nur dann hinzugerechnet, wenn das zu versteuernde Einkommen die in § 124 EStG festgelegten Grenzen überschreitet. Der Untergrenze schließt sich die sog. Milderungszone an, in der der Entlastungsbetrag des ESWG nur anteilig dem zu versteuernden Einkommen hinzuzurechnen ist. Der zu versteuernde Bruchteil der Entlastung entspricht dem Anteil des zu versteuernden Einkommens oberhalb der Untergrenze der sog. Milderungszone, dividiert durch ihre Breite. Bei Einzelveranlagung beginnt die Milderungszone bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 66 915 Euro und endet bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 104 009 Euro. Im Rahmen der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppeln sich die Ein- und Ausstiegsgrenzen und betragen jeweils 113 830 Euro und 208 018 Euro.

Bei der Berechnung des zu versteuernden Anteils der Entlastung ist zunächst die Höhe des zu versteuernden Einkommens vor Zurechnung des Entlastungsbetrags zu bestimmen. Im zweiten Schritt wird die Differenz zwischen der Höhe des zu versteuernden Einkommens und der Untergrenze der jeweils anwendbaren Milderungszone berechnet. Der Differenzbetrag wird dann durch die Breite der Milderungszone (bei einer Einzelveranlagung beträgt sie 37 094 Euro) dividiert. Dieser Anteil der Entlastung wird dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet.                   

Wann ist die Entlastung zu versteuern?

Die Entlastung nach § 123 Abs. 1 EStG gilt als zugeflossen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 EStG in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Steuerpflichtige die Endabrechnungen mit den dort konkret abgerechneten Entlastungen von seinem Energieversorger bzw. seinem Vermieter oder seiner Wohnungseigentümergemeinschaft erhalten hat. In der Regel wird dies im Jahr 2023 stattfinden, sodass die Versteuerung mit der Veranlagung für 2023 erfolgen wird. Nach dem neu eingeführten § 126 EStG finden auf die Entlastungen des § 123 Abs. 1 EStG die Strafvorschriften sowie Bußgeldvorschriften der Abgabeordnung entsprechend Anwendung.

Fazit

Neue Vorschriften zur Besteuerung der Dezember-Soforthilfe sollen das EWSG, das selbst keine Regelungen zur Besteuerung enthält, inhaltlich ergänzen und einen sozial gerechten Ausgleich schaffen. Mit den Milderungszonen wird sichergestellt, dass die Besteuerungspflicht vor allem Steuerpflichtigen mit hohem Einkommen betrifft, die auf die Soforthilfe nicht angewiesen sind. Auf diese Weise kann ein Teil der ausgezahlten Entlastungen in die Staatskasse zurückfließen.

Die Länder kritisieren den Gesetzesentwurf und betonen, dass die Umsetzung der geplanten Besteuerung einen großen bürokratischen Aufwand bedeutet. Zudem weisen sie darauf hin, dass der Gesetzgeber inkonsequent handelt, indem er die Entlastungen auszahlt, um sie später als Steuer wieder einzusammeln. Es ist daher durchaus möglich, dass im Bundesrat ein Vermittlungsausschuss angerufen wird, um eventuelle Änderungen des Gesetzentwurfes zu diskutieren.

Ewa Nawolska
Associate

Kathrin Neumeyer
Partner

Die Preisbremsen (Teil 2): Die geplante Strompreisbremse – Stand Regierungsentwurf 25.11.2022


München, 29.11.2022

Das Kabinett hat am 25.11.2022 ein Gesetzesentwurf für die Strompreisbremse beschlossen. Das neue Strompreisbremsegesetz, die noch vom Bundestag und Bundesrat bestätigt werden muss, richtet sich in erster Linie an Letztverbraucher, die durch die stark gestiegenen Strompreise in besonderer Weise beeinträchtigt sind. Entlastet werden alle Haushalte und Unternehmen, die aufgrund der Änderungen der Vertragspreise deutlich höhere Stromrechnungen zahlen müssen.

Für Haushalte und kleine Unternehmen, die weniger als 30.000 kWh Strom im Jahr verbrauchen, soll der Strompreis vom 01.03.2023 bis 30.04.2024 auf 40 ct / kWh begrenzt werden (einschließlich Netzentgelten, Messstellenentgelten und staatlich veranlassten Preisbestandteilen). Die Entlastung wird für ein Kontingent von 80 % des bisherigen Verbrauchs gewährt. Weiterhin findet sich im Gesetzesentwurf eine Strompreisbremse für Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 30.000 kWh im Jahr. Hier gilt der Preis von 13 ct / kWh zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 % des bisherigen Verbrauchs. Der Netto-Strompreis bei Schienenbahn im Güter- und Personenverkehr wird für 90 % der Netzentnahme abzüglich der rückgespeisten Energie auf 13 ct / kWh abgesenkt.

Die Strompreisbremse soll, so wie die Gas- und Wärmepreisbremse (siehe hier), die Letztverbraucher rückwirkend auch für Januar und Februar 2023 entlasten, um die Zeit bis zum Inkrafttreten der Regelungen des Gesetzes für gewissen Kundengruppen am 01.03.2023 zu überbrücken.  Im Hinblick auf die Rückwirkung der Strompreisbreme wird den Verbrauchern im März 2023 der dreifache Entlastungsbetrag gutgeschrieben.

1. Entlastung für Haushalte und kleine Unternehmen, Stromverbrauch bis 30.000 kWh p.a.

Bei der Strompreisbremse werden Stromkunden automatisch über ihre Stromversorger entlastet. Ein Antrag muss nicht gestellt werden. Für 80 % des Verbrauchs wird der Strompreis von 40 ct / kWh garantiert, für den Rest gelten die Vertragspreise. Die Stromversorgerunternehmen gewähren ihren Kunden eine Absenkung der Strompreise in Höhe des monatlichen Entlastungsbetrags. Die Höhe der möglichen Entlastung orientiert sich an dem durch den Netzbetreiber prognostizierten Stromverbrauch oder dem tatsächlichen Verbrauch im Jahr 2021. Bei Bilanzierung über standardisierte Lastprofile ist die aktuelle Jahresverbrauchsprognose maßgeblich.

2. Entlastung für Unternehmen, Stromverbrauch bis 30.000 kWh p.a.

Entnahmestellen mit mehr als 30.000 kWh historischem Jahresverbrauch, also insbesondere mittlere und große Unternehmen, erhalten ein auf 13 Cent/kWh (zuzüglich Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen) gedeckeltes Kontingent in Höhe von 70 Prozent ihres historischen Netzbezuges. Dort gelten aber Höchstgrenzen (sogleich). Das Kontingent ergibt sich für Standardlastprofil-Kunden wie oben. Bei Netzentnahmen mit Bilanzierung ohne standardisierte Lastprofile wird es auf die im Jahr 2021 verbrauchte bzw. geschätzte Strommenge abgestellt (falls Messdaten für mind. drei volle Kalendermonate nach dem 31. Dezember 2021 verfügbar sind).

Wichtig ist, dass bei Zeitvariablen Tarifen, wie bspw. Spot-Lieferverträgen, die Entlastungsbeträge sich NICHT an mengengewichteten Durchschnittspreisen errechnet, sondern anhand eines einfachen Tagesdurchschnittspreis (bspw. einzelne Stundenpreise des Tages summiert, geteilt durch 24).

3. Höchstgrenzen

Für Entlastungen der Industrieunternehmen legt der Gesetzentwurf Höchstgrenzen fest. Die Entlastungsumme für sämtliche Netzentnahmestellen eines Unternehmens (dazu zählen auch die Netzentnahmestellen der verbundenen Unternehmen) darf vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben den Betrag von 2 Millionen Euro im Regelfall nicht übersteigen. Für besonders von der Energiekrise betroffene Unternehmen ist die Grenze sodann 100 Millionen Euro in Summe, wenn das Unternehmen dazu noch energieintensiv ist und einer Branche nach Anlage 2 des Regierungsentwurfs (besonders von hohen Energiepreisen betroffene Sektoren) zuzuordnen ist, gilt die Höchstgrenze von 150 Millionen Euro. Für sonstige energieintensive Unternehmen liegt die Obergrenze bei 50 Millionen Euro. Für Landwirtschaft und Fischerei gelten niedrigere Schwellenwerte von jeweils 250 000 Euro und 300 000 Euro.

Letztverbraucher, die Unternehmen sind und ihre Entlastung monatlich 150.000 Euro übersteigt, müssen ihren Lieferanten bis zum 31. März 2023 informieren, welche Höchstgrenze auf sie voraussichtlich anwendbar ist und wie die Entlastungsbeträge auf ihre Netzanschlüsse verteilt werden sollen. Bis Ende des Jahres sind den Lieferanten die endgültigen Höchstgrenzen zu übermitteln. Unternehmen, die eine Gesamtentlastung von über 2 Millionen Euro erhalten, sollen zusätzlich eine Mitteilung an die Prüfbehörde schicken, die die Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilferecht prüft (Beihilfehöchstgrenzen des EU-beihilferechtlichen Befristeten Krisenrahmens).

4. Ausgewählte Auswirkungen auf die Stromversorger

In den Stromrechnungen ist die Entlastung durch die Strompreisbremse zusätzlich gesondert auszuweisen.Die Letztverbraucher sind bis zum 15. Februar 2023 in Textform über die Höhe des im Abrechnungszeitraum gewährten Entlastungsbetrags zu informieren. Die Mitteilung hat zudem Informationen über die insgesamt gewährten Entlastungsbeträge zu enthalten – absolut und als Prozentsatz in Relation zum einschlägigen Referenzwert. Alle Stromkunden, die am 31.12.2023 beliefert werden, sollen von ihren Stromversorgern innerhalb von drei Monaten eine Endabrechnung erhalten, die Informationen über die Summe der insgesamt gewährten Entlastungsbeträge erhält (auch hier gilt, dass die Entlastungsbeträge absolut und in Relation zum Referenzwert anzugeben sind).

Versorger und Letztverbraucher können einvernehmlich eine abweichende monatliche Verteilung des Jahreskontingents vereinbaren. Im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 dürfen den Kunden im Zusammenhang mit dem Vertrag keine Vergünstigungen gewährt werden, die den Gesamtbetrag von 50 Euro überschreiten. Die Stromversorgungsunternehmen enthalten die geleisteten Entlastungen von ihrem Übertragungsnetzbetreiber erstattet.

Wichtig ist natürlich hier das Antragsverfahren zur Rückgewähr der Entlastungen. Dieses wird ähnlich dem Entlastungssystem im EEG über die Übertragungsnetzbetreiber abgewickelt, § 20 StromPBG. Hintergrund sind die Regelungen zur Übererlösabschöpfung, welche ebenso beim Übertragungsnetzbetreiber auflaufen.

5. Fazit

Die geplante Strompreisbremse soll Haushalte und Unternehmen mit hohen Strompreisen entlasten. In der vorliegenden Form ist auch diese sehr komplex und nur mit hohem bürokratischem Aufwand umsetzbar. Das Verfahren soll daher dringend vereinfacht werden, damit die Strompreisbremse rechtzeitig umgesetzt werden kann.

Auch zu diesem Thema planen wir eine Online-Informationsveranstaltung für unsere Mandaten. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.

Ewa Nawolska
Associate

Michel Hill
Partner

Wärmelieferung im Rahmen der Soforthilfe nach EWSG: Was gilt für Contractoren?


München 17.11.2022:

Das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) stellt mittels staatlicher Soforthilfe einige Letztverbraucher von Erdgas und Wärme zunächst von deren Dezemberabschlägen frei, bzw. werden später Entlastungsbeträge berechnet (siehe generell hierzu hier). Spannend ist die Frage, wer Betreiber einer „kommerziellen Wärmeerzeugungsanlage“ ist, was sich im Ergebnis aus der Gesetzesbegründung ergibt.

Grundsätzlich sind alle Standardlastprofilkunden von der Soforthilfe umfasst, es sei denn diese betreiben mit dem Gas eine kommerzielle „Stromerzeugungskraftwerke“ oder eine kommerzielle Wärmeerzeugungsanlage. Beim letzteren gilt es nun zu unterscheiden: Betreibt der Vermieter eine solche kommerzielle Wärmeerzeugungsanlage, wenn er dessen Mieter – neben der Vermietung, im Rahmen der „Warmvermietung“ – mit Wärme beliefert? Und: Wenn der Vermieter auf Wärmelieferung, bspw. im Rahmen eines Contracting, umgestellt hat, was gilt dann?

Die Antwort ergibt sich unseres Erachtens aus dem Gesetzeszusammenhang und der -begründung: Vermieter, die „warm“ vermieten, sind zunächst im Gesetz verpflichtet, die Entlastung, die er mit der Soforthilfe erlangt (Abschlagszahlungsentfall oder Entlastungsbetrag), an die Mieter im Rahmen der Heizkostenabrechnung weiterzugeben, siehe § 5 EWSG. Damit ist die Rolle des Vermieters erst einmal klar, als derjenige, der vorrangig vermietet und „nebenbei“ die Wärme liefert. Damit betreibt dieser die Wärmeerzeugungsanlage des Hauses im Rahmen der Vermietung und der „kommerzielle“ Teil des Betriebs der Wärmeerzeugungsanlage geht im Vermietungsanteil als Nebenleistung unter. Somit wäre der Gasbezug des Vermieters für die Wärmeerzeugungsanlage über die Soforthilfe vom Gasversoger abzuwickeln.

Anders aber, wenn der Vermieter Wärme bezieht und nicht selbst erzeugt:

  • Klar ist, dass der Betreiber einer Wärmeerzeugungsanlage in einem Fernwärmenetz eben deshalb nicht von der Soforthilfe des Gasversorgers umfasst sein soll, denn diese müssen selbst gegenüber deren Kunden die Soforthilfe gewähren (§ 4 EWSG) und bspw. auf Abschläge verzichten. Der Wärmelieferant erhält dann nicht die Gasbezugskosten vom Staat ersetzt, sondern die entfallenen Wärmeabschläge.
  • Wenn nun aber der Vermieter einen Contractor mit dem Betrieb der Wärmeerzeugungsanlage beauftragt und dieser bspw. im Heizungskeller des Vermieters betreibt, liefert der Contractor wiederum nur Wärme an den Vermieter. In diesem Fall müsste daher der Contractor die Abschlagszahlung für die Wärme gegenüber dem Vermieter aussetzen (dieser gibt das an die Mieter weiter) und dann die entfallenen Wärmeabschlagszahlungen geltend machen.
  • Damit im letzteren Fall der Contractor nicht „doppelt“ entlastet wird (einmal über den Ersatz des Wärmeabschlags und zum anderen über den Ersatz des Gasabschlags für das bezogene Gas) fällt u.E. dieser unter die Kategorie der kommerziellen Betreiber von Wärmeerzeugungsanlagen und kann keinen Entfall des Gasabschlags verlangen.

Wir hoffen, damit Klarheit in der kurzfristigen Behandlung der betroffenen Kundengruppen geschaffen zu haben.

Michael Hill
Partner

P.S.: Ein weiteres Highlight folgt: nach dem ersten, uns zugänglichen Entwurf der Gaspreisbremse, sollen die Soforthilfebeträge noch als „Einkommen“ im Rahmen der Einkommenssteuer anzusetzen sein. Dies würde dann vss. einen immensen Abwicklungsaufwand mit sich bringen, insbesondere werden Einkommensteuer-IDs „durch die Gegend“ geschickt und durch die Versorger angefragt werden müssen. Wir bleiben gespannt!